Trumps StrafzölleInterview mit Jo Beckendorff: “Ich würde jetzt kaufen”

Laurin Lehner

 · 11.04.2025

Trumps Strafzölle: Interview mit Jo Beckendorff: “Ich würde jetzt kaufen”Foto: picture alliance / ZB / Sascha Steinach
Was macht Donald Trump als nächstes? Auch wenn er die Zölle runterschraubt: “Der Markt wird weiterhin nervös sein”, sagt Experte Beckendorff.
US-Präsident Donald Trump wirft mit Zöllen um sich. Welche Konsequenzen hat das für die europäische Fahrradbranche? Branchenexperte Jo Beckendorff erläutert die Auswirkungen und gibt einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen.

Die USA haben unter der Regierung von Donald Trump Strafzölle auf eine Vielzahl von Importwaren aus Europa, Asien und anderen Regionen eingeführt bzw. angedroht. Ziel ist es, heimische Industrien zu schützen und Handelsdefizite auszugleichen.

Auswirkungen der US-Zölle auf Europa

Teurere Exporte: Europäische Produkte – darunter Autos, Maschinen, Aluminium, Stahl und teilweise auch Fahrräder oder Komponenten – werden durch die Zölle in den USA teurer, was ihre Wettbewerbsfähigkeit dort schwächt.

Gegenzölle aus Europa: Die EU hat als Reaktion eigene Strafzölle auf US-Waren verhängt (z. B. auf Whiskey, Jeans, Motorräder), was den bilateralen Handel zusätzlich belastet.

Produktionsverlagerungen: Europäische Unternehmen prüfen, ob es sich lohnt, Teile ihrer Produktion in die USA zu verlagern, um die Zölle zu umgehen – was Investitionen in Europa mindern könnte.

Versorgungsengpässe und Preissteigerungen: Besonders betroffen sind Branchen, die auf transatlantische Lieferketten angewiesen sind – z. B. Fahrradhersteller, Autozulieferer oder Maschinenbauer. Preiserhöhungen werden häufig an die Endkunden weitergegeben.

Verunsicherung und Planungsprobleme: Die wechselhafte Handelspolitik sorgt für Unsicherheit bei Investitionen und langfristiger Planung in europäischen Unternehmen.

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Wirtschafts-Kenner Jo Beckendorff im Interview

Fachjournalist Jo Beckendorff: “Die Globalisierung macht gerade eine Rolle rückwärts.”Foto: Privatarchiv Jo BeckendorfFachjournalist Jo Beckendorff: “Die Globalisierung macht gerade eine Rolle rückwärts.”

TOUR: Donald Trump hat hohe Zölle gegenüber Europa, Asien und anderen Ländern angekündigt – und jetzt auch umgesetzt. Was bedeutet das für die Fahrradbranche?

Jo Beckendorff: Alles wird teurer. Diese Zölle werden an die Kunden weitergegeben, die Bike-Firmen werden sie nicht tragen wollen, schließlich sind die Margen ohnehin schon sehr gering.

TOUR: Blick in die Glaskugel: Strafzölle provozieren oft Gegenzölle. Um all dem aus dem Weg zu gehen, könnten deutsche Fahrrad-Firmen auf Anbauteile mit “Made in USA” verzichten. Könnte das helfen?

Jo Beckendorff: Es ist durchaus denkbar, eine Verteuerung so geringer zu halten. Donald Trumps Zoll-Rundumschlag betrifft aber viele Waren und viele Länder – so wird alles teurer. Viele deutsche Marken wie z. B. Canyon oder YT werden zudem mit weniger Absatz auf dem US-Markt rechnen müssen.
Übrigens: Auch US-amerikanische Fahrradhersteller werden bluten – ohne Fahrradteile und Komponenten aus Asien läuft nichts. Bei deren Einfuhr in die USA müssen sie nun auch Zoll zahlen. Weniger betroffen sind nur jene US-Anbieter, die auf “Made in USA”-Anbauteile setzen. Da gibt es aber nicht so viele.

TOUR: Was, wenn Trump seine Zölle zurücknimmt und einen Deal macht? Bleibt dann alles wie gehabt?

Jo Beckendorff: Wegen fehlender Planbarkeit wird der Markt weiterhin betroffen sein. Ohne feste Regeln ist es für jedes Wirtschaftsunternehmen schwer. Ich kann mir vorstellen, dass Trump pokert und einige Zölle nach einem Deal wieder etwas herunterschraubt. Der Markt wird aber weiterhin nervös sein.

TOUR: Sollte jemand, der dieses Jahr ein Fahrrad kaufen möchte, jetzt schnell handeln und zuschlagen?

Jo Beckendorff: Ich würde jetzt kaufen, bevor die Preise angepasst werden. Außerdem kommt jetzt die Neuware, und die Altware wird günstig verkauft. Was viele auch noch gar nicht auf dem Schirm haben: Die Leasing-Rückläufer kommen erstmals zurück und fluten den Gebrauchtmarkt. Zwar handelt es sich dabei in erster Linie um Mobilitätsräder, aber der Anteil an sportlichen Mountainbikes und E-Mountainbikes ist nicht zu unterschätzen – insgesamt spricht man von ungefähr einer Million Fahrrädern.



TOUR: Das müsste die Preise doch drücken, oder?

Jo Beckendorff: Refurbisher werden in Zugzwang kommen. Wer kein neues Räder, sondern ein Refurbished-Bike im Fokus hat, sollte vielleicht noch ein paar Wochen abwarten. Hier sollten ein paar richtig tolle Angebote zu finden sein.

TOUR: Was ist deine Aussicht für Fahrrad-Firmen – müssen sich europäische Marken unabhängiger machen?

Jo Beckendorff: Ich denke schon. Die Globalisierung macht gerade eine Rolle rückwärts. Das Misstrauen verschwindet nicht so schnell. “Close to the market” ist nun angesagt – also Produktionen in Europa. Rahmenbau ist bereits zum Teil da, aber bei Anbauteilen und Komponenten gibt es noch Nachholbedarf. Und ohne Komponenten kannst du kein Rad ausliefern.

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