Die Neuvorstellung des Canyon Endurace Allroad sorgte dieses Jahr für Aufsehen: Ein vollwertiges, nagelneues Rennrad für unter 1000 Euro? Das hat es lange nicht gegeben. In der Tat wirkt der silberne Flitzer auf den ersten Blick attraktiv: Ein modern geformter Alurahmen, hydraulische Scheibenbremsen und sogar eine Carbongabel sind verbaut, das gibt es für das Geld sonst nirgends. Das Ganze mit dem markanten Schriftzug eines führenden Herstellers, der auch im Profisport aktiv ist. Da kann man nichts falsch machen – oder doch?
Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass das Angebot von einem sportlichen Wettkampf-Renner doch meilenweit entfernt ist – und damit leider auch vom süchtig machenden Fahrgefühl, das den Radsport so einzigartig macht. Zweifellos ist das Canyon für sein Geld ein solides und gut gemachtes Rad, das aber eher als sportliches Alltagsrad und für gelegentliche Touren taugt, als für ernsthaft ausgeübten Radsport. Die profilierten Reifen lassen sich vielleicht noch gegen schnellere Straßenmodelle tauschen, die extrem aufrechte Sitzposition und das sehr hohe Gewicht von fast elf Kilogramm lassen sich aber nicht wegdiskutieren. Auch die Shimano Cues-Schaltung ist mit 2x10 Gängen auf dem technischen Stand von vor 15 Jahren. Da kommt schnell der Gedanke auf, ob nicht ein älteres, aber hochwertigeres Rad die bessere Wahl ist. Die Antwort: In vielen Fällen ist es das, vor allem wenn wirklich Wettkämpfe damit bestritten werden sollen. Aber auch für Tourenfahrerinnen oder Gravelbiker finden sich bessere Kompromisse, wenn man etwas sucht und einige Tipps beachtet.
Vor allem der Gebrauchtmarkt bietet viel Rad fürs Geld. Wer im Flachland wohnt und Hobbyrennen fahren will, kann zum Beispiel auf hochwertige Carbonrenner mit Felgenbremsen schielen, die es im Laden längst nicht mehr gibt. Man bekommt dann vor allem ein deutlich leichteres und schnelleres Rennrad. Mit etwas Glück ist für das Budget sogar eine Elektroschaltung drin, die auch vor zehn Jahren schon hervorragend funktionierte. Auch komfortable Endurance-Modelle mit Felgenbremsen sind für schlechte Straßen durchaus eine Empfehlung. Beim Einsatz in den Bergen oder für längere Radreisen sollten hydraulische Scheibenbremsen Standard sein, womit sich das Alter auf höchstens fünf Jahre und die Kategorie auf Endurance- und Gravel-Modelle einschränkt. Aber selbst unter brandneuen Auslaufmodellen im Discounter lässt sich mit dem Budget einiges anfangen. Rabattierte Endurance-Modelle aus dem Vorjahr für unter 1000 Euro, die mit Elffach-Schaltung und bis zu zwei Kilogramm weniger Gewicht eine gute Alternative zum brandneuen Einsteiger-Renner bieten, sind keine Seltenheit. Wir zeigen verschiedene Wege und worauf Sie dabei achten müssen.
Riesige Auswahl, günstige Preise: Gebrauchtportale wie Kleinanzeigen.de und Buycyle.com sind erste Anlaufstelle für günstige, aber gute Bikes. Worauf es dabei ankommt
Der mit Abstand größte Marktplatz für gebrauchte Räder, allerdings auch der unübersichtlichste. Genaue Informationen zu Alter, Zustand und Reparaturen müssen oft erst erfragt werden. Gut gepflegte von schlecht behandelten Rädern zu unterscheiden, geht deshalb nur mit guten Bildern oder genauere Begutachtung vor Ort. Versenden von Rädern ist prinzipiell möglich, ist aber meist kompliziert und birgt weitere Risiken.
Auf Fahrräder spezialisierter Marktplatz mit guten Such- und Filterfunktionen. Es gibt überwiegend hochwertige und vergleichsweise junge Räder; auch Händler nutzen die Plattform für brandneue Auslaufmodelle. Käuferschutz und Versandservice (gegen Aufpreis) werden beim Internetkauf von der Plattform organisiert, es ist aber auch die persönliche Kontaktaufnahme möglich.
Seit Jahren vertickern auch Verleihstationen, beispielsweise auf Mallorca, ausgemusterte Leihräder. Reiseveranstalter Huerzeler gilt als größter Anbieter, der rund 1000 Räder pro Saison verkauft. Während Huerzeler die Räder aber nicht verschickt, ist bei Fred Rompelberg und Philipps Bike Team auch die Bestellung übers Internet und der Versand möglich; die Anbieter versprechen eine Überprüfung der Räder, bei vielen anonymen „Kurzzeitbesitzern“ sind die Räder jedoch oft nicht pfleglich behandelt.
Große Vereine bieten ein „Schwarzes Brett“ oder einen Bereich auf der Webseite, wo gebrauchte Räder angeboten oder gesucht werden. Ein Aushang kann sich hier lohnen, denn die Wahrscheinlichkeit, ein gut gepflegtes Rad zu bekommen und beim Preis nicht über den Tisch gezogen zu werden, ist hoch.
Satte Rabatte für junge Räder, aber von fachkundiger Hand gecheckt und mit Gewährleistung: Refurbished-Produkte liegen im Trend, auch bei Fahrrädern. Was es gibt und was man erwarten kann
Spezialist für aufbereitete E-Bikes, durch Kooperationen mit großen Leasing-Anbietern wie Business Bike gibt es dennoch ein gutes Angebot an Rennrädern und Gravelbikes. Der Großteil der Flotte besteht aus maximal drei Jahre alten Rückläufern. Es gibt ein Jahr Gewährleistung, 14 Tage Rückgaberecht und kostenlosen Versand.
Refurbish-Angebot des großen Leasing-Anbieters. Immerhin gut 100 Race- und Gravelbikes waren zum Zeitpunkt der Recherche im Angebot, alles noch junge bzw. aktuelle Modelle. Ein Jahr Gewährleistung und die Möglichkeit von bis zu 50 Kilometern Probefahrt innerhalb des Rückgaberechts. Faiere Versandkosten von 49 Euro innerhalb Deutschlands.
Der Refurbished-Händler aus Dresden bezieht ebenfalls Fahrräder von Leasingfirmen und sammelt diese persönlich beim Leasingnehmer bzw. Vorbesitzer ein. Rennräder und Gravelbikes machen nur einen Bruchteil am Angebot aus, weshalb es sehr übersichtlich ist. Dafür ist eine Probefahrt und persönliche Abholung in Dresden möglich. Versandkosten deutschlandweit liegen für ein Rad ohne Motor bei 50 Euro.
Der sicherste Kauf ist immer noch der Händler: Egal ob Online oder vor Ort, garantierte Neuware und ein Ansprechpartner, wenn später was ist, bleiben starke Argumente. Mit der richtigen Taktik sind auch Listenpreise nur Theorie
Großmärkte wie Stadler, Fahrrad XXL oder Lucky Bike sind häufig Anlaufstelle für Räder bekannter Marken, die nach einer Saison beim Hersteller oder Fachhändler übriggeblieben sind. Es gibt sie inzwischen in fast jeder Großstadt und in riesigen Hallen, die eine große Auswahl bieten: Wenige Marken, dafür viele Varianten und Größen. Manche bieten online auch eine deutschlandweite Suche und die Lieferung des Wunschrades in eine Filiale in der Nähe an.
Neben den Großmärkten, die natürlich auch Onlineshops haben, bieten sie die noch größere Auswahl über viele Marken und Modelle. Probefahrt oder verhandeln sind hier nicht drin, dafür größere Rabatte, Rückgaberecht und zum Teil über den Kauf hinaus gehende Serviceangebote. Die bekanntesten: Bike Exchange, Bike-Components, Lucky Bike, Fahrrad XXL, Fahrrad24.
Direktvertreiber bieten auf ihrer Webseite meist einen abgetrennten Bereich, wo Einzelstücke, Auslauf- und Vorführmodelle mit Rabatten angeboten werden. Bei Canyon, und Rose werden sie zu den gleichen Konditionen verkauft wie alle anderen Räder, also auch Finanzierung und Leasing sind möglich.