Maik Schröder
· 22.09.2024
Kürzlich haben wir von 3D-gedruckten Fahrradsätteln berichtet und herkömmliche Modelle mit den 3D-Versionen verschiedener Hersteller verglichen. Dort haben wir auch verschiedene Konzepte vorgestellt. Ähnlich wie Fizik bietet auch Posedla einen maßgefertigten 3D-Druck-Fahrradsattel an.
Posedla wurde von zwei passionierten Radfahrern gegründet, die die Vision des perfekten Fahrradsattels hatten. Das tschechische Startup stellt 3D-gedruckte, maßgeschneiderte Sättel her, die auf die individuellen Bedürfnisse von Radfahrern abgestimmt sind. Bei Posedla basiert die Vermessung auf einer Art Schaumstoff-Kissen, auf dem später der Abdruck sichtbar ist. Aus diesem Bild produziert der Hersteller dann den individuellen Sattel.
Der Joyseat wird vollständig in Europa produziert. Die 3D-gedruckte Polsterung wird in Deutschland hergestellt und die Carbonteile werden in Tschechien aus Carbonverbundwerkstoffen handgefertigt. Die Gitterstruktur, also der obere Teil, besteht aus recycelbarem thermoplastischem Polyurethan (TPU), gedruckt auf einem industriellen 3D-Drucker.
Das Farbdetail ist aus recycelbarem Polyamid 12 gemacht und die Carbon-Basis, zu der die Schienen und die Schale gehören, sind aus Toray-Kohlefaser handgefertigt. Die Mischung aus unidirektionalem und Twill-Gewebe wird verwendet, um perfekte Steifigkeit und Belastbarkeit zu erreichen, so Posedla.
Der Joyseat soll Spaß machen wie der Name suggeriert, und dafür stellt Posedla die Individualität und bestmögliche Anpassung in den Vordergrund. Denn der Spaß am Radfahren vergeht schnell, wenn Sitzen Schmerzen bereitet.
Als Grundlage für den individuellen Sattel nutzt Posedla einen Ar***-Abdruck. Nach der Bestellung kommt das Abdruck-Set per Post. Einmal draufsetzen. Dann wird der Abdruck per Smartphone fotografiert und zusammen mit einigen Angaben zu Fahrstil und persönlichen Präferenzen zu Posedla geschickt - das funktioniert über ein Formular auf der Website des Herstellers.
Dazu gehört beispielsweise die Beantwortung der folgenden Fragen: Auf welchem Rad wird gefahren? Wie lange dauert die durchschnittliche Tour? Wie viele Kilometer werden ungefähr im Jahr gefahren? Dazu kommen Angaben zu Alter, Größe und Gewicht. So soll der Sattel bestmöglich auf den Fahrstil angepasst werden und den Anforderungen des Fahrers oder der Fahrerin gerecht werden.
Dann heißt es warten. Nach etwa 6 Wochen kommt der Maß-Sattel per Post und kann ans Rad montiert werden. TOUR hat den Prozess durchgespielt. Unser Praxis-Test zeigt, ob der Joyseat überzeugen konnte
Nach ein paar Wochen Produktions- und Wartezeit kam der Sattel in der Redaktion an. Posedla liefert den Joyseat in einer kunststofffreien Verpackung und dem Karton liegt noch ein Datenblatt bei, das die wichtigsten Kennziffern und Maße des Sattels sowie die individuellen Daten des Fahrers zeigt. Der Sattel fühlt sich wertig an und ist sauber verarbeitet. Die Carbonplatte ist gut mit dem Obermaterial verbunden. Nettes Detail: An der Innenseite kann man eine individuelle Gravur platzieren.
Nach einem ersten Hands-On wurde der Joyseat dann auf einem Cube Nuroad Gravelbike unseres Redakteurs montiert und getestet. Nach etwa 200 gefahrenen Kilometern stellen wir fest: Der Sattel passt und entlastet die empfindlichen Bereiche sehr gut. Das zeigt auch die Druckfolienmessung im TOUR-Labor. Hier ist gut zu erkennen, dass sich der Druck auf die Sitzknochen beschränkt und andere Bereiche gut entlastet werden. Die Aussparung in der Sattelmitte trägt auch dazu bei.
Das spricht für eine gute Passform, das Material ist allerdings vergleichsweise hart. Die durchschnittliche Fahrzeit haben wir mit 2 bis 4 Stunden angegeben. Der Sattel wurde für Rennrad/Gravel in Auftrag gegeben, was sich im Endprodukt in der leicht nach unten gebogenen Sattel-Nase für eine sportlichere Sitzposition zeigt. Will man jedoch komfortabler fahren, neigt man dazu etwas nach vorne zu rutschen.
Posedla versucht, durch die zusätzlichen Angaben den Sattel bestmöglich auf die persönlichen Präferenzen abzustimmen. Das gelingt in diesem Fall gut, allerdings sind Angaben wie jährliche Kilometer oder Dauer der Tour sehr wage und können mitunter stark variieren. Wer einen möglichst ausgewogenen Sattel bekommen möchte, sollte hier ein gutes Mittelmaß wählen und auch bei der Sitzposition bzw. dem Einsatzbereich nicht zu Extremen tendieren.
Der Posedla Joyseat 2.0 überzeugt im TOUR-Test durch eine gute Passform, die auf Fahrer und persönliche Angaben hinreichend angepasst ist. Der Sattel fühlt sich wertig an. Die Produktion des Abdrucks mithilfe des Smiling Butt Kits ist unkompliziert, der Bestellprozess sehr individuell und einfach. Einzig der Preis von 490 Euro für das Smiling Butt Kit plus 3D-Sattel-Produktion ist recht hoch. Vergleichbare Sättel in der richtigen Sattelbreite gibt es schon für deutlich weniger Geld, dann allerdings aber auch nicht maßgefertigt. Fiziks One2One-Konzept bietet ebenfalls individualisierte Sättel, Kosten: Zwischen 459 und 499 Euro.
+ individuelle Anpassungsmöglichkeiten, gute Verarbeitung, gute Passform
- hoher Preis, Obermaterial etwas hart