Auf der 5. Etappe der UAE Tour stürzte Thomas De Gendt (Lotto-Dstny) vor laufender Kamera. Zum Glück ging der Sturz glimpflich aus, doch die Kamerabilder sorgten für Diskussionen: sie zeigen, dass der Mantel von der Felge gerutscht und der grüne Sicherheitsschaumstoff gerissen war. War die Hookless-Felge schuld am Sturz? Das Team verteidigte das benutzte Material. Adam Hansen von der Fahrergewerkschaft CPA erklärte, dass die Gewerkschaft “100 Prozent” gegen Hookless-Felgen sei. Bald gab es Spekulationen, dass die falsche Kombination aus Felge und Reifen verwendet worden sei.
Weil die Diskussion so eine große Dimensionen angenommen hat, gibt es inzwischen auch ein offizielles Statement von Vittoria: "Es ist wichtig, klarzustellen, dass das Versagen der Felge durch den Aufprall auf einen Gegenstand, in diesem Fall einen Felsen, verursacht wurde und nichts mit dem hakenlosen Felgendesign zu tun hat. Die Stärke des Aufpralls führte dazu, dass die Felge/das Rad in einer Weise zerbrach, dass der Reifen nicht mehr sicher an seinem Platz blieb. Die Wucht des Aufpralls war so groß, dass die Reifeneinlage zerrissen wurde.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Unfall nicht auf Kompatibilitätsprobleme zwischen den vom Team verwendeten Komponenten zurückzuführen ist. Der Vittoria Corsa PRO 28mm TLR wurde ausgiebig auf verschiedenen hakenlosen, handelsüblichen Laufrädern getestet, darunter auch Zipp-Modelle (z. B. 353NSW). Die Kompatibilität wurde durch Labortests, Feldtests im Freien und Rennen gründlich validiert, wobei die offizielle Kommunikation über die Sram-Website erfolgte. Als Mitglied der ETRTO entwickeln wir unsere Produkte unter strikter Einhaltung der ETRTO-Normen, die sowohl die aktuellen ETRTO-Standards als auch die "Previous Standard Data (PSD)" der ETRTO umfassen."
Der Unfall hat hakenlose Felgen zum Gesprächsthema gemacht. Wir erklären die technischen Hintergründe:
An Mountainbikefelgen wurde das Merkmal schon vor Jahren aussortiert; die Rennradfelge ist so ziemlich die letzte, an der es noch hakt. An Motorrad, Auto oder Flugzeug kommen die Felgen ohne aus, denn der Reifen stützt sich nicht am Haken ab, sondern an der Felgenschulter. Der Haken ist eine Rückversicherung, der das Abspringen eines zu weiten Reifens von einer zu kleinen Felge verhindern soll, insbesondere beim rennradtypisch hohen Reifendruck. Auf Hakenfelgen vertragen Reifen rund 20 Prozent mehr Druck, bevor sie Gefahr laufen, von der Felge zu springen, das zeigen Messungen von Specialized und anderen Herstellern.
Als Sicherheits-Feature sei der Haken aber nicht notwendig, behaupten nun Hersteller. Es komme vielmehr darauf an, dass die Maße von Felgen und Reifen exakt aufeinander abgestimmt werden – was bisher mangels einheitlicher Normung bei Tubeless-Pneus und -Felgen nicht immer gegeben war. Deswegen geben die Hersteller für ihre Hookless-Felgen nur solche Reifen frei, die sie getestet haben. Und das sind ausschließlich Tubeless-Reifen, weil sie sich weniger dehnen, also formstabiler sind als konventionelle Reifen. Man muss sie auch dann verwenden, wenn man einen Schlauch montieren will.
Man darf also nicht den Reifen seiner Wahl montieren und wie gewohnt prall aufpumpen, sondern muss sich an der Liste der Produkte orientieren, die der Hersteller freigibt. Da fragt sich der Rennradfahrer natürlich, was angesichts dieser vielen Einschränkungen überhaupt für “Hookless-Felgen” spricht? Man ahnt es: die Herstellungskosten. An erster Stelle steht die einfachere Fertigung insbesondere von Carbonfelgen. Denn den kleinen Haken aus Carbon zu formen, bedeutet, anders als bei Metall, viel zusätzlichen Aufwand. In der Regel dient ein aufblasbarer Kern dazu, das Horn in der Form auszuformen. Gerade Flanken können hingegen mit Metallkernen geformt werden; dadurch kann das Carbon höher verdichtet werden, und der Herstellungsprozess wird sicherer. “Wir sparen damit etwa zehn Prozent der Arbeitszeit”, erläutert Produktmanager Sebastien Donzé von Zipp. “Vor allem aber produzieren wir weniger Ausschuss und können deshalb günstiger fertigen. Diesen Preisvorteil geben wir an die Kunden weiter.” Außerdem ergeben sich weitere vorteilhafte Eigenschaften: Die Felgenhörner sind bei gleichem Gewicht robuster gegen Durchschlagschäden – oder so robust wie bisher, aber leichter.
Punkt zwei für die Hookless-Felge: Eine glatte Felgenflanke schnürt den Reifen seitlich weniger ein; Felge und Reifen gehen nahezu gerade ineinander über, der Reifen bläht sich über der Felge nicht zu einem birnenförmigen Querschnitt. Das ist theoretisch gut für die Aerodynamik und lässt den Reifen in Kurven zudem weniger walken. Das Prinzip folgt dem beim Mountainbike erfolgreichen Trend: Die Felge wird effektiv breiter, der Reifen stützt sich breiter ab, was insgesamt einen besseren Kompromiss aus Spurtreue und Federung schafft.