Der italienische Komponentenhersteller Campagnolo präsentiert mit der Super Record 13 die erste kabellose 2x13-Gangschaltung für Rennräder. Damit setzt das Unternehmen eine neue Wegmarke in der Geschichte von Rennrad-Schaltungen: Die Italiener waren auch jeweils die ersten, die den Sprung auf 8, 9, 10, 11 und 12 Ritzel mit ihren Entwicklungen forcierten. Die neue Gruppe soll laut Hersteller jedoch nicht einfach nur ein zusätzliches Ritzel bieten, sondern ein neues Kapitel in der über 90-jährigen Unternehmensgeschichte einläuten. Auf Basis der 13-fach-Schaltung sollen in Zukunft weitere Lösungen für verschiedene Marktsegmente eingeführt werden, also mutmaßlich auch preiswertere Varianten. Zuletzt konzentrierte sich Campagnolo mit seiner Funkschaltung fast ausschließlich auf das Luxussegment.
Das mechanische Herzstück der neuen Gruppe bildet die 13-fach Kassette. Campagnolo gibt an, den Abstand und die Dicke der Ritzel verringert zu haben, um ein zusätzliches Ritzel bei gleicher Kassettenbreite unterzubringen. Dies ermögliche homogenere Übersetzungen mit kleineren Gangsprüngen. Es werden vier Abstufungen angeboten: 10-29, 10-33, 11-32 und 11-36 Zähne. Die Kassette ist nur mit dem bestehenden N3W-Freilaufkörper kompatibel. Bei der Kurbelgarnitur stehen sage und schreibe sieben Konfigurationen zur Verfügung, welche zusammen mit den verschiedenen Kassetten Ansprüche vom Allroadbike bis zum Zeitfahrprofi bedienen: 45/29, 48/32, 50/34, 52/36, 53/39, 54/39 und 55/39 Zähne. Die Kurbeln aus Carbon sind in Längen von 165 bis 175 Millimeter erhältlich. Optional ist ein integrierter Leistungsmesser verfügbar, der im Kurbelspider sitzt.
Die Ergopower-Bedienhebel wurden überarbeitet, dabei geben die Italiener das zuletzt eingeführte Bedienkonzept mit zwei übereinander liegenden Tastern an der Außenseite wieder auf. Mit der neuen Super Record wird der Daumenschalter wieder eingeführt, der von den mechanischen Campagnolo-Schaltungen bekannt ist und lange ein prägendes Merkmal der Getriebe aus Vicenza war. Als elektronischer Taster sitzt er nun an der Innenseite der Schaltgriffe. Im oberen Teil wurde eine neue Taste hinzugefügt, die vom Fahrer individuell konfiguriert werden kann, zum Beispiel für die Bedienung des Radcomputers. Hinter dem Bremshebel befindet sich der zweite Schalthebel. Der Bremshebel besteht vollständig aus Carbon und soll eine bessere Bremswirkung ermöglichen. Die Bremse blieb bis auf ein angepasstes äußeres Design weitgehend unangetastet. Die Bremsbeläge sind in organischer und gesinterter Ausführung erhältlich, letztere sollen sehr hohen Ansprüchen an die Bremsleistung besser gerecht werden, da sie hitzebeständiger sind.
Sowohl Schaltwerk als auch Umwerfer wurden neu konstruiert. Der Umwerfer sei leichter geworden und verfügt über ein neues Carbon-Leitblech. Das filigran wirkende Schaltwerk hat einen kleineren Überstand nach außen im Vergleich zum Vorgängermodell, dessen ausladendes Design oft kritisiert wurde. Die Schaltrollen wurden auf 14 Zähne vergrößert, um die Reibung zu reduzieren. Campagnolo gibt an, dass die Super Record 13 schneller schaltet als alle derzeit erhältlichen 12-fach Gruppen. Die Akkus von Schaltwerk und Umwerfer sollen eine Reichweite von 750 Kilometern haben, neu ist eine kürzere Ladezeit: In nur einer Stunde sollen sie vollständig aufgeladen sein. Für die Befestigung des Schaltwerks am Rahmen gibt es zwei Optionen: den neuen Universal Drive Mount genannten „Standard“ von Campagnolo, der mit dem UDH-System von SRAM vergleichbar ist und direkt an der Steckachse befestigt wird, oder herkömmliche Schaltaugen.
Campagnolo bezeichnet die Super Record 13 als erste Konfiguration einer neuen Plattform für zukünftige Entwicklungen. Sie soll eine Neudefinition der Markenidentität einleiten und basiert laut Hersteller auf einem überarbeiteten Produktionsprozess der auch eine Kostenreduzierung im Blick hat. Ab September 2025 sollen weitere Konfigurationen des Getriebes folgen. Zu erwarten sind vor allem günstigere Optionen, aber auch Einfach-Getriebe ohne Umwerfer mit neuen Kassetten. Die Super Record 13 wird ab Juni 2025 erhältlich sein. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 4.300 Euro für die Version ohne Leistungsmesser und 5.399 Euro mit integriertem Powermeter. Das ist immer noch teuer, aber deutlich günstiger als die bisherige Zwölffach-Gruppe.
Bei einer ersten (kurzen) Testfahrt rund um den Firmensitz im italienischen Vicenza wusste die neue Schalttechnik zu überzeugen. Haptik, Optik, Performance: Die neue Super Record macht Vieles richtig. Doch ganz ehrlich: Hätten wir vorab nicht gewusst, dass durch die 13-fach-Kassette ein weiterer Gang zur Verfügung steht, wäre es uns vermutlich gar nicht aufgefallen. Was natürlich hervorstach, ist die Rückkehr des Daumenschalters und die Einführung von zwei Zusatzknöpfen an den Griffhöckern. Speziell die kleinen Extra-Buttons sind sehr gut zu erreichen und waren von unserem Tester am meisten im Einsatz. In der Werkseinstellung lässt sich mit den Knöpfen das Schaltwerk ansteuern, laut Campagnolo kann man die gummierten Taster frei programmieren. Die Daumenschalter dagegen sind etwas kleiner als beim Vor-Vorgänger der Super Record und dadurch etwas schwerer zu finden. Eine Kritik an der alten Version der Top-Gruppe nahmen sich die Italiener offenbar zu Herzen und schickten den Doppeltaster an den Bremshebeln wieder in Rente.
Das Schaltwerk setzt die Gangwechsel etwas schneller um als der Umwerfer. Die Sprünge fallen im mittleren und schnellen Bereich klein aus. Unter Volllast bleibt die Geräuschkulisse niedrig, was allerdings auch an den reichlich gefetteten Teilen gelegen haben kann. Die Übersetzung am Testrad, einem Wilier Filante SLR, war mit 52/36 Zähnen vorne und 11-32 Zähnen hinten für das wellige Terrain rund um Vicenza perfekt. Die Bremsen verzögern – typisch für Campagnolo – exzellent. Im Vergleich zu den Stoppern der SRAM Red AXS, für Viele aktuell das Nonplusultra, ist der Hebelweg länger. Anders als beim Vorgänger bieten die Italiener gleich mit dem Verkaufsstart eine Powermeter-Kurbel an. Der Leistungsmesser ließ sich unkompliziert mit unserem Fahrradcomputer von Wahoo koppeln und funktionierte problemlos.
Ein Testrad mit der neuen Super Record durften wir uns direkt aus Vicenza mit in die Redaktion nehmen. Einen ausführlichen Test der Gruppe werden wir Mitte Juli veröffentlichen.