Matthias Borchers
· 15.09.2022
In diesem Artikel verwenden wir sogenannte Affiliate Links. Bei jedem Einkauf über diese Links erhalten wir eine Provision vom Händler. Alle vermittlungsrelevanten Links sind mit * gekennzeichnet. Mehr erfahren.
Radtrikots aus Merinowolle sind im Trend – auch als leichte und luftige Sommer-Shirts. Wir haben sieben Modelle, jeweils für Männer und Frauen, zum Preis von 120 bis 180 Euro getestet. Den ganzen Test mit allen Details und Einzelnoten gibt es unten für 1,99 Euro zum Download.
Radtrikots waren nicht immer aus leichten, robusten, pflegeleichten und schnell trocknenden Funktionsfasern. Ursprünglich war Wolle das Material der Wahl – entsprechend schwer, dick und kratzig konnte sich das auf der Haut anfühlen. Erst Mitte der 1980er-Jahre schwenkten die Hersteller um: Die italienische Traditionsmarke DeMarchi beispielsweise stattete 1983 das Profiteam Mareno-Wilier als letztes mit Trikots und Hosen aus klassischer Schurwolle aus, um im Jahr darauf ihre Produktion auf synthetisches Material umzustellen.
Dass Wolltrikots dennoch eine Renaissance erleben, liegt vor allem an einer besonderen Wollart: Merinowolle. Die Fellhaare der Merinoschafe sind besonders fein, Stoffe aus deren Wolle fühlen sich sehr weich an. Außerdem nehmen die Fasern viel Feuchtigkeit auf, ohne sich klamm anzufühlen, und sie riechen selbst nach intensiver Anstrengung gar nicht oder nur leicht nach Schweiß.
Die Gesamtnote setzt sich zusammen aus den drei Kriterien Tragekomfort, Handling und Ausstattung, die je nach Relevanz gewichtet wurden.
Mehrere Tester und Testerinnen bewerteten subjektiv das Stoffgefühl, sowohl auf trockener als auch auf verschwitzter Haut. Auf schnellen Abfahrten wurden eventuell auftretende Flattergeräusche dokumentiert und entsprechend von leise (sehr gut) bis laut (mangelhaft) benotet. Merinotrikots sind meist sehr leise, die unterschiedlichen Schnitte ergeben dennoch differierende Teilnoten.
Für diese Teilnote haben wir bewertet, wie sich Front-Reißverschlüsse bedienen lassen: beidhändig, einhändig, während der Fahrt; außerdem die Elastizität der Ärmelbündchen, die bestimmt, wie schnell sich das Trikot an- und ausziehen lässt. Unterschiedliche Noten zwischen dem Frauen- und dem Männermodell resultieren beispielsweise aus unterschiedlich geschnittenen und positionierten Trikottaschen, die sich besser oder schlechter erreichen und befüllen lassen.
Bewertet haben wir hierfür Details wie Zusatztaschen mit Reißverschluss, Abdeckungen für Reißverschlüsse sowie Stoffhüllen für deren Schieber, den Sitz von Trikotbund bzw. Ärmelbündchen, die Anzahl und Platzierung reflektierender Elemente.
Nach einigen Erfahrungen mit Sportbekleidung aus reiner Merinowolle sind die meisten Hersteller inzwischen dazu übergegangen, die Wolle mit Kunstfasern wie Polyester, Polyamid oder Elastan zu mischen. Das soll die Vorteile von Natur- und Kunstfaser verbinden. Der Material-Mix macht die Trikots elastischer, stabiler – und weniger anfällig für Motten.
Immer mehr Hersteller achten zudem darauf, ihre Kleidung nachhaltiger, fairer oder ressourcenschonender zu produzieren als in der Vergangenheit. Beispielsweise werden alle unsere Testtrikots in Europa hergestellt, Isadore oder Velocio garantieren laut Etikett den Einsatz von Recyclingmaterial bei der Kunstfaser. Triple 2 achtet explizit auf schonende Schermethoden bei der Wollgewinnung (Stichwort: mulesingfrei).
Ausgestattet sind die Wolltrikots wie andere Rad-Jerseys, auch die Schnitte folgen aktuellen Trends. Standard sind stoffhinterlegte Reißverschlüsse, Zippergaragen am Kragen, Gel-Prints am Bund gegen Hochrutschen, drei Rückentaschen als Stauraum plus eine kleine Reißverschluss-Tasche für Kleinkram.
Die Kritik unserer Testerinnen und Tester richtete sich eher auf Passform-Details – beispielsweise zu straffe und zu enge Ärmelbündchen. Die Teil- und Endnoten von Frauen- und Herren-Trikot können sich übrigens unterscheiden: Manches wurde von unserer Testcrew unterschiedlich bewertet – beispielsweise bei der Handhabung, weil sich Reißverschlüsse leichter oder schwerer bedienen lassen, oder weil kleinere Hände leichter in enge Trikottaschen eintauchen können.
Trikots mit Merinowolle zeichnen sich aus durch hohen Tragekomfort und die geruchshemmende Wirkung ihrer Fasern. Dafür kosten sie jedoch ein paar Euro mehr als klassische Lycra-Modelle und sind für weniger als 100 Euro nicht zu haben.
Ihr Nachteil ist die geringere Spannkraft des Materials bei sehr hohem Merinoanteil: Dann laufen Reißverschlüsse nicht mehr so leicht oder vollgepackte Rückentaschen ziehen das Trikot nach unten. Abgesehen davon sind die Wollweichen komfortable Begleiter in der Übergangszeit, an kühlen Sommer- ebenso wie an warmen Herbsttagen.
Fazit: Das günstigste Trikot im Test wurde gelobt für sein angenehmes Stoffgefühl, den rennradgerechten Schnitt, für seinen Reißverschluss und die gut erreichbaren Trikottaschen. Kritik gab es dagegen für die Ärmelbündchen, die schon auf trockener Haut zu sehr kleben. Nicht blickdicht, kein Reflexmaterial.
Fazit: Der Schnitt fällt normal aus, das Material ist deutlich fester als das der Konkurrenz und entsprechend wärmer. Beim Männermodell haben die seitlichen Taschen eine für große Hände zu enge Öffnung, unsere Testerinnen kamen damit besser zurecht. Die Verarbeitung ist hochwertig, die Ausstattung komplett.
Fazit: Durch ihren dezenten Glanzeffekt wirken die De-Marchi-Trikots sehr edel. Ihr Schnitt ist tendenziell komfortabel, etwas länger, und sie sind etwas schwerer als der Durchschnitt – trotzdem noch luftig. Der Reißverschluss ist gut zu bedienen, die Taschen super erreichbar, jedoch nicht sehr tief.
Fazit: Aufgrund des geringen Wollanteils fühlen sich die Isadore-Trikots fast an wie klassische Kunstfaser-Modelle. Vorteil: Sie trocknen etwas schneller als die Konkurrenz. Männer wie Frauen kritisieren die zu schmalen und straffen Ärmelbündchen, der ansonsten top ausgestatteten und verarbeiteten Trikots.
Fazit: Auch die Maap-Trikots glänzen leicht, wenn auch etwas matter als die von De Marchi. Viel Lob gab es für den tollen Tragekomfort und den leicht laufenden Reißverschluss. Kritisiert wurden die zu engen Ärmelbündchen. Da Maap sehr eng und kurz schneidert, sollte eine Nummer größer probiert werden.
Fazit: Das Velozip Sub von Triple2 besteht fast zu 100 Prozent aus Merinowolle, fühlt sich entsprechend flauschig an und sollte sorgsam gewaschen werden. Sein Schnitt ist lang, es sitzt sehr gut am Körper, wobei die großen Taschen bei voller Ladung das Trikot runterziehen. Störend sind die engen und straffen Ärmelbündchen.
Fazit: Die teuren Trikots von Velocio haben einen Renn-Schnitt und fallen kurz aus, weshalb eine Nummer größer eine Option ist. Die Taschen sind gut zu erreichen und zu füllen, der Reißverschluss ist komplett hinterlegt, der fehlende Kragen Geschmackssache. Trotz hohem Wollanteil fühlt sich der Stoff eher fest an.
Alle Hersteller erlauben die Maschinenwäsche bei 30 bis 40 Grad mit Wollwaschmittel. Tabu sind Weichspüler, beim Schleudern sollten 900 Umdrehungen pro Minute das Limit sein.
Wichtig: Das Waschmittel darf nicht das Enzym Protease enthalten; es spaltet das in der Merinowolle enthaltene Keratin auf, was zum löcherbildenden Wollfraß führt. Nicht jeder Waschmittelhersteller weist jedes Enzym auf der Verpackung aus, die genaue Recherche auf der Website des Herstellers ist ratsam. Im Zweifelsfall sollte man lieber Spezialwaschmittel für Merinowolle verwenden.
Den ganzen Test der Merinotrikots, alle Details und Einzelnoten gibt´s hier zum Download für 1,99 Euro.