Die neuen Rennradschuhe seien auf “Sieg ausgelegt”, kündigt Northwave vollmundig an, und bezog Ineos-Profi Filippo Ganna (Italien) in die Entwicklung mit ein. Der aktuelle Stundenweltrekordhalter und Bahn-Olympiasieger von 2021 testete den Veloce Extreme auf mehr als 10000 Rennkilometern, zudem stand Northwave ein Biomechaniker zur Seite, der an der Steifigkeit des Rennradschuhs tüftelte.
Herzstück des Veloce Extreme ist die patentierte Carbonsohle namens Powershape HT (High Tail). Durch die hohe Fersenkappe soll der Fuß einen besseren Halt im Schuh haben und sich dadurch die Kraft direkter aufs Pedal übertragen lassen. Northwave nennt im Vergleich zur “alten” Carbonsohle am bisherigen Top-Modell Extreme Pro 3 eine verbesserte Kraftübertragung von vier Prozent. Die Stabilität soll um neun Prozent erhöht worden sein. Insgesamt versprechen die Italiener für die Neuheit einen niedrigeren Anstrengungsgrad, der in der Wissenschaft mit Hilfe der RPE-Skala (Rate of perceived exertion) dargestellt wird.
TOUR konnte den Veloce Extreme im Labor zwar noch nicht auf Steifigkeit prüfen, trug das Highend-Modell aber schon bei mehreren Testfahrten. Erster Eindruck: Sowohl beim Ortsschildsprint als auch im kräftigen Wiegetritt am Berg gibt die Sohle nicht nach und bietet eine starke Kraftübertragung. Die Schuhe bieten dabei einen sehr guten Halt. Der niedrige Schaft verhindert Druckstellen am Knöchel. Die Zehenbox ist geräumig und quetscht den Vorderfuß nicht wie bei dem einen oder anderen Race-Schuh zusammen. Mit 628 Gramm in Größe 43,5 zählt der Northwave eher zu den schwereren Top-Modellen. Die Konkurrenz ist teilweise bis zu 160 Gramm leichter.
Bei den beiden Verschlüssen an jedem Schuh setzt Northwave auf ein eigenes Drehsystem. Wie beim Marktführer Boa basiert dieses auf einer Spule, die ein dünnes und reißfestes Seil aufwickelt. Damit schmiegt sich der Northwave Veloce Extreme, der normal ausfällt, um den Fuß und lässt sich während der Fahrt in der Breite justieren. Allerdings benötigt der Drehverschluss etwas Übung: Während das Schließen durch das Drehrädchen intuitiv ist, muss man sich an die Funktion des kleinen Hebels erst gewöhnen. Zum Feinjustieren muss dieser gedrückt werden, zum Öffnen des Schuhs angehoben werden. Beim An- und Ausziehen sollte man außerdem einen Schuhlöffel parat haben.
Wie es um die Belüftung des Northwave steht, konnten wir nicht überprüfen, da der kühle Herbst im Testzeitraum Einzug gehalten hat. Das perforierte Obermaterial aus Kunstleder und vier Belüftungsschlitze an der Carbonsohle sollen bei hohen Temperaturen einen Hitzestau vermeiden. Zum Lieferumfang zählen neben einer praktischen Tragetasche zwei Innensohlen in unterschiedlicher Dicke (3 und 5 Millimeter). Beide Versionen unterstützen das Fußgewölbe.
Die Preisexplosion macht leider auch nicht vor einem Zubehörartikel wie dem neuen Rennradschuh von Northwave Halt. 400 Euro rufen die Italiener für ihr Top-Modell, das in Italien gefertigt wird, auf. Die Highend-Modelle der Konkurrenten bewegen sich in ähnlichen Dimensionen.