Studie zeigtHobbyfahrer haben mehr Angst als Radprofis

Kristian Bauer

 · 28.12.2025

Studie zeigt: Hobbyfahrer haben mehr Angst als RadprofisFoto: Getty Images
Carlos Rodriguez Cano nach einem Sturz Tour de France 2023
Eine neue Studie untersucht die psychologischen Faktoren bei Radsportlern verschiedener Leistungsklassen. Die Forschung zeigt signifikante Unterschiede in der mentalen Stärke und Angstbewältigung zwischen Elite- und Amateurfahrern. Das Geschlecht spielt hingegen keine große Rolle. Während Elitefahrer höhere mentale Widerstandsfähigkeit aufweisen, zeigen Amateure erhöhte Angstwerte.

Die mentale Komponente im Radsport gewinnt zunehmend an Bedeutung, wenn es um Höchstleistungen geht. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2025 hat nun die psychologischen Unterschiede zwischen Elite- und Amateurradsportlern genauer untersucht. Die Forschungsarbeit mit dem Titel "Examination of Mental Toughness, Anxiety, and Generalized Anxiety Disorder-7 (GAD-7) Levels of Elite and Amateur Cyclists" liefert aufschlussreiche Erkenntnisse über die mentale Verfassung von Radsportlerinnen und Radsportlern unterschiedlicher Leistungsniveaus. Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt 219 Radfahrerinnen und Radfahrer, darunter 124 Amateure und 95 Elitefahrer im Alter zwischen 15 und 41 Jahren. Dabei wurden drei zentrale psychologische Variablen gemessen: mentale Stärke, Angst und Sorgen sowie das Niveau generalisierter Angststörungen. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Leistungsgruppen und liefern wertvolle Einblicke in die psychologischen Anforderungen des Radsports.



Studie sieht Mentale Stärke als entscheidender Faktor

Die Studie belegt, dass Eliteradsportlerinnen und -radsportler signifikant höhere Werte bei der mentalen Stärke aufweisen als ihre Amateur-Pendants. Dieser Unterschied war statistisch bedeutsam (p<0,05) und unterstreicht die Wichtigkeit psychologischer Faktoren für Höchstleistungen im Radsport. Interessanterweise zeigten sich bei der mentalen Stärke zwar Unterschiede zwischen den Geschlechtern – Männer wiesen tendenziell höhere Werte auf – diese waren jedoch statistisch nicht signifikant (p>0,05). Dies deutet darauf hin, dass mentale Stärke weniger vom Geschlecht als vielmehr vom Leistungsniveau und der Erfahrung abhängt. Die Forscher vermuten, dass die höhere mentale Widerstandsfähigkeit bei Elitefahrern durch jahrelanges Training, Wettkampferfahrung und möglicherweise auch durch gezielte psychologische Vorbereitung entwickelt wird.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Angst und Sorgen im Leistungsvergleich

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie betrifft die Angst- und Sorgenniveaus der Radsportlerinnen und Radsportler. Hier zeigte sich ein klarer Unterschied: Amateurfahrerinnen und -fahrer wiesen signifikant höhere Werte bei Angst und Sorgen auf als die Elitegruppe (p<0,005). Die Forscher vermuten, dass Elitefahrer im Laufe ihrer Karriere bessere Bewältigungsstrategien entwickeln, um mit dem Wettkampfdruck umzugehen. Die Studie untersuchte auch, wie sich das Alter auf die psychologischen Variablen auswirkt. Obwohl die genauen Altersdaten nicht detailliert präsentiert werden, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Alter neben Geschlecht und Leistungsniveau ein weiterer Faktor ist, der die mentale Stärke und das Angstniveau beeinflusst. Dies könnte wichtige Implikationen für altersspezifische Trainingsansätze haben. Insgesamt zeigten die untersuchten Radsportlerinnen und Radsportler hohe Werte bei mentaler Stärke, während die Angst- und Sorgenniveaus sowie generalisierte Angststörungen im mittleren Bereich lagen. Diese Erkenntnisse könnten für Trainer und Sportpsychologen von großem Wert sein, um maßgeschneiderte mentale Trainingskonzepte zu entwickeln.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Praktische Anwendungen für Training und Wettkampf

Die Ergebnisse dieser Studie haben direkte Auswirkungen auf die Trainingspraxis im Radsport. Da mentale Stärke offenbar ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Elite- und Amateurfahrern ist, könnten gezielte psychologische Trainingsmethoden Amateuren helfen, ihre mentale Widerstandsfähigkeit zu verbessern. Techniken wie Visualisierung, Achtsamkeitstraining und kognitive Umstrukturierung könnten besonders für Amateurfahrer und -fahrerinnen hilfreich sein, um ihre Angst- und Sorgenniveaus zu reduzieren. Für Trainer bedeuten diese Erkenntnisse, dass neben dem physischen Training auch die psychologische Komponente systematisch entwickelt werden sollte, um Athletinnen und Athleten optimal auf Wettkämpfe vorzubereiten.

Methodik der Studie

Für die Datenerhebung nutzten die Forscher etablierte psychologische Messinstrumente. Die mentale Stärke wurde mit der Mental Toughness Scale gemessen, während Angst und Sorgen mit der Worry and Anxiety Scale erfasst wurden. Für die Bewertung generalisierter Angststörungen kam die Generalized Anxiety Scale-7 zum Einsatz, die auf dem DSM-IV SCID-I klinischen Interviewleitfaden basiert. Die statistische Analyse erfolgte mittels unabhängiger t-Tests und ANOVA-Verfahren, was die Robustheit der Ergebnisse unterstreicht. Die Studie umfasste eine repräsentative Stichprobe von Radsportlern aus der gesamten Türkei, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die breitere Radsportgemeinschaft erhöht.

Limitationen und zukünftige Forschungsansätze

Wie bei jeder wissenschaftlichen Untersuchung gibt es auch bei dieser Studie Einschränkungen. Die Querschnittsanalyse erlaubt keine Rückschlüsse auf kausale Zusammenhänge – es bleibt unklar, ob mentale Stärke zu Elitestatus führt oder ob der Elitestatus die mentale Stärke fördert. Zudem wurden kulturelle und regionale Faktoren nicht detailliert berücksichtigt. Zukünftige Forschungen könnten von Längsschnittstudien profitieren, die die Entwicklung mentaler Stärke und Angstbewältigung über die Zeit verfolgen. Auch der Einfluss spezifischer Trainingsmethoden auf die psychologischen Variablen wäre ein lohnenswertes Forschungsfeld. Interessant wäre zudem die Untersuchung, wie sich die mentale Stärke in verschiedenen Radsportdisziplinen (Straße, Mountainbike, Bahn) unterscheidet. Nicht zuletzt bleibt die Frage offen, ob größere Angst Hobbyradsportler besser vor schweren Stürzen schützt.

Meistgelesen in der Rubrik Fitness