Planvoll handeln, ohne einem Plan zu folgen? Das klingt widersprüchlich und ist es auch. Aber der Plan kann eben auch ein loser Rahmen sein. Wer sich nicht Tag für Tag an die Vorgaben eines Plans halten mag, findet hier die Grundstruktur, um dennoch seine Form auf dem Rennrad zu verbessern. Die wichtigsten Prinzipien des Ausdauertrainings sind Kontinuität und Abwechslung. Das frei gewählte Tempo nach Lust und Laune ist meist ein mittleres – viel Abwechslung bietet dies nicht. Je nach Temperament ist dieses mittlere Tempo zudem meist etwas zu schnell für den sinnvollen Formaufbau. Außerdem neigen wir dazu, immer ähnliche Runden zu drehen, denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Dies führt zu gleichförmigen Belastungen, die dem Körper wenige Reize bieten. Es lohnt sich also, aus dem Trott auszubrechen. Heißt: mal weiter fahren und mal schneller als gewohnt, mal bergig, mal flach. Alleine die Topographie setzt zwangsläufig andere Reize. Das Tempo, das wir mit dem Rad erreichen können, variiert enorm und reicht von Bummeln bis Rasen. Lässig lassen sich weite Strecken zurücklegen, denn das Rad trägt ja unser Körpergewicht. Einen ganzen Tag Rad fahren? Das geht, auch ohne besondere Vorbereitung. Im Zweifel ist es nicht die Strecke oder Dauer, die uns einbremst, sondern das Tempo oder das Sitzfleisch. Ist das Tempo zu hoch, schwinden unweigerlich die Kräfte – besonders dann, wenn zu wenig Energie nachgetankt wird. Hier deshalb die wichtigsten Grundsätze fürs “freie” Training:
So werden automatisch die Grundlagen für eine bessere Fitness gelegt. Damit die Sache nicht zu langweilig wird, am besten öfter mal neue Strecken ausprobieren – zum Beispiel die gewohnte Hausrunde einfach mal in entgegengesetzter Richtung fahren. Und dann dem Horizont entgegen. Zum Beispiel den ganzen Tag nur in eine Richtung und mit der Bahn zurück. Oder gleich eine Übernachtung einplanen und eine große Runde von Haustür zu Haustür drehen. Für diese langen Unternehmungen gilt: Tempo runter, Essen nicht vergessen, langsam steigern.
Die längeren Strecken konterkarieren kurze Fahrten, bei denen auch mal die Grenzen der Leistungsfähigkeit ausgelotet werden. Das Prinzip hier: wenn schnell, dann richtig schnell. Auch das macht Spaß! Und es bringt was! Denn es geht nicht nur um ein etwas höheres Grundtempo, sondern darum, abschnittsweise richtig schnell zu fahren. Aus diesem Gegensatz – länger langsam vs. ab und zu richtig schnell – ergeben sich die erwünschten, unterschiedlichen Trainingsreize, um ein besserer Radfahrer zu werden. Um die Motivation zu verbessern, hilft es, sich ein konkretes Ziel zu setzen. Mit einem klaren Ziel vor Augen ist jedes Training sinnhafter. Deshalb: Am besten ein reizvolles Event aussuchen und anmelden. Dann wissen Sie, warum Sie aufs Rad steigen.
Effektives Training beginnt bei drei Einheiten pro Woche, vier oder fünf wären für den Formaufbau noch besser. Wer keine genau vorgegebenen Pläne abarbeiten möchte, kann sich mit unseren Faustformeln sein Training selbst zusammenstellen. Wichtig sind zwei Aspekte: Kontinuität und wechselnde Belastungen. Nicht immer das Gleiche machen – der Körper gewöhnt sich sonst schnell daran. Und nicht immer Vollgas fahren. Ruhiges Training sollte im Trainings-Mix überwiegen. Wobei ruhig nicht bedeutet, sich gar nicht anzustrengen. Bei kürzeren Strecken sollte das Grundtempo so sein, dass man sich noch in kurzen Sätzen unterhalten kann, bei sehr langen Strecken dürfen ausgiebigere Gespräche noch drin sein.
Eine Stunde “Ballern” – am besten auf einer kupierten Strecke mit ein paar kürzeren Steigungen: eine Viertelstunde locker einfahren, dann das Tempo erhöhen und mehrmals – etwa viermal – eine Steigung von rund vier Minuten Fahrzeit mit maximalem Tempo (roter Bereich) hochknallen. Am Ende eine Viertelstunde locker ausfahren, das beschleunigt die Erholung.
Eineinhalb bis zwei Stunden fahren. Drei längere Anstiege von 10 bis 15 Minuten (oder flache Abschnitte) mit erhöhtem Dauertempo angehen (Schwellentempo). Dazwischen jeweils voll erholen.
Ausdauerfahrt. Am besten über drei oder mehr Stunden. Grundlagentempo, Tempospitzen besonders anfangs vermeiden. Mit Nahrungszufuhr ist das stundenlang machbar. Um richtig lange (Ganztages-) Fahrten gut vorzubereiten, sollten vorher sieben dieser längeren Trainings bestritten werden. Ist noch mehr Zeit für Trainings in der Woche, sollten diese auch aus Ausdauertraining im Grundlagenbereich bestehen; andere Sportarten sind als Ausgleich willkommen.
Die Trainingszeit lässt sich auch auf mehrere kürzere Fahrten verteilen, zum Beispiel beim Pendeln. Das Prinzip bleibt dabei das gleiche. Die Wochentrainingszeit langsam steigern. Nach drei Wochen eine leichtere Woche einschieben. Dann das Programm wiederholen. Ältere Sportler können den Erholungsrhythmus auf 2:1 verkürzen, also nach zwei aufbauenden Trainingswochen eine ruhigere einschieben. Nach sechs bis acht Wochen sollten erste Zuwächse bei Form und Fitness zu spüren sein.