Reboots Go X im TestRegenerationshose im Test

Jan Timmermann

 · 11.09.2024

Die Reboots Go X beim Einsatz im Hotelzimmer eines Etappenrennens: Realistischer könnten die Testbedingungen kaum sein.
Foto: Georg Grieshaber
Die Reboots Go X Kompressionshosen versprechen Athletinnen und Athleten einen entscheidenden Vorteil. Gute Regeneration kann gerade bei hohem Trainingspensum und während der Wettkampfphase über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Unser Schwesternmagazin BIKE hat es unter Realbedingungen ausprobiert.

Hobby-Radfahrerinnen und -Radfahrer mögen bei den Reboots Go X Kompressionshosen erst einmal die Stirn runzeln. Eine Hose für über 1200 Euro? Doch es gibt Phasen im Leben eines Sportlers, da ist jedes Fitzelchen Regeneration so wertvoll wie Gold. Nicht nur im übertragenen Sinne. Tausende (Amateur-) Racer/innen melden sich jedes Jahr für sehr viel Geld bei Mehrtages-Rennen an. Das Letzte, was sie wollen, ist wegen müder Beine vorzeitig das Handtuch zu werfen oder ihr Saison-Highlight nicht befriedigend abzuschließen. Auch wenn eine sportliche Einheit die nächste jagt, ein Trainingsplan verfolgt wird oder ein stressiger Alltag seinen Tribut fordert, stellt sich Bikern früher oder später die Frage nach einer effektiven Regeneration. Dann kommen Hilfsmittel wie die Reboots Go X ins Spiel. Das Prinzip ist schnell erklärt: Mit Druck auf die Beine sollen die Kompressionshosen unerwünschte Stoffe, wie Laktat, aus den Gliedmaßen drücken und die Muskeln bei der Regeneration unterstützen. Regenration auf Pump quasi. Ob das den stolzen Preis wert ist?

Hosen für die Regeneration? Ja, die Reboots Go X sind genau dafür gedacht. Nutzen lassen sie sich jedoch nur in sitzendem oder liegenden Zustand mit ausgestreckten Beinen.Foto: Jan TimmermannHosen für die Regeneration? Ja, die Reboots Go X sind genau dafür gedacht. Nutzen lassen sie sich jedoch nur in sitzendem oder liegenden Zustand mit ausgestreckten Beinen.

Details zu den Reboots Go X

  • Einsatzzweck: Regeneration in Training und Wettkampf
  • Preis: 1338 Euro (aktuell reduziert auf 1249 Euro) >> hier erhältlich
  • Gewicht: 4170 g (BIKE-Messung, Größe L)
  • Größen: M (bis 84 cm) / L (ab 85 cm, im Test)
  • Maximaldruck: 180 mmHg
  • Akkulaufzeit: bis 1,5 h
  • Besonderheiten: kabel- und schlauchlos, individuelle Ansteuerung von 16 Druckkammern, 8 überlappende Luftkammern pro Bein, 8 unterschiedliche Programme, Steuerung über Reboots App
Die Reboots Go X brummen nicht zu laut und können dabei helfen, wieder frische Beine für die nächste Etappe zu bekommen.Foto: Georg GrieshaberDie Reboots Go X brummen nicht zu laut und können dabei helfen, wieder frische Beine für die nächste Etappe zu bekommen.

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So funktionieren die Reboots Go X

Das Prinzip der Regenerationsmassage ist nicht nur bei Sportlern, sondern auch aus der medizinischen Rehabilitation bekannt. Wer nach einer Verletzung mit Schwellungen zu kämpfen hat, kennt vermutlich den Begriff der Lymphdrainage. Im Fachjargon spricht man von einer physikalischen Entstauungs-Therapie. Manuell oder eben maschinell wird dabei der Transport der Lymphflüssigkeit aus den betreffenden Stellen in den Oberkörper angeregt. Unerwünschte Stoffe werden dort über Leber, Nieren und schließlich den Urin aus dem Körper transportiert. Biker wollen vor allem die Nebenprodukte des Stoffwechsels in den Muskeln loswerden. Dazu zählt auch das von Rennfahrern gefürchtete Laktat, eine Milchsäure, die sich durch Müdigkeit und Schmerz in der Muskulatur bemerkbar macht. Die Reboots versprechen zudem eine Verminderung des Entzündungsrisikos, die Lockerung der Beine durch Massage und so eine Verkürzung der Regenerationszeit.

Über diese kleine Steuerungseinheit an der Hose lassen sich die Reboots Go X anschalten und bedienen. Die Bluetooth-Verbindung zum Handy ist schnell aufgebaut.Foto: Jan TimmermannÜber diese kleine Steuerungseinheit an der Hose lassen sich die Reboots Go X anschalten und bedienen. Die Bluetooth-Verbindung zum Handy ist schnell aufgebaut.

In den Reboots Go X Hosen sitzen 16 Luftkammern, die via kleiner Kompressoren aufgepumpt werden. So entsteht eine Druckwelle in den Beinen, welche diese massiert und die Lymphflüssigkeit aus den Gliedmaßen drückt. Mit welchen Intervallen und an welchen Stellen der Druck wirkt, lässt sich mittels acht verschiedener Programme in einer via Bluetooth gekoppelten App festlegen. Jedes Programm dauert 30 Minuten, kann aber jederzeit unter- oder abgebrochen werden. Zusätzlich kann in der App oder am auf der Hose sitzenden Akkugerät die Intensität des Drucks eingestellt werden. Das kompakte Gerät wird mittels eines Drehverschlusses einfach von der Hose getrennt und über ein USBC-Kabel geladen. Reboots verspricht bis zu 90 Minuten Akkulaufzeit. Diese Dauer konnten wir auch im Test verifizieren. Ohne sonstige Kabel- oder Schlauch-Anbindung lassen sich die Reboots Go X überall dort anwenden, wo man mit ausgestreckten Beinen sitzen oder liegen kann.

Praktische und absolut notwendige Einstieghilfe: Durchgehende Reisverschlüsse an beiden Seiten erleichtern das Anlegen der Reboots Go X.Foto: Jan TimmermanPraktische und absolut notwendige Einstieghilfe: Durchgehende Reisverschlüsse an beiden Seiten erleichtern das Anlegen der Reboots Go X.

Die Reboots Go X im Test beim Etappenrennen

Auf die Regenerations-Wirkung der Reboots Kompressionshosen setzt zum Beispiel Viel-Trainiererin und Ironman-Weltmeisterin Anne Haug. Auch Enduro-MTB-Athleten, wie Steffi Marth und Jordi Bago, haben die Teile im Einsatz. Doch machen die Go X auch für Normalsterbliche Mountainbiker Sinn? Wir haben die Kompressionshosen sowohl nach dem alltäglichen Training als auch bei zwei Etappen-Rennen getestet. Im Einsatz waren die Go X bei der Alpentour Trophy und bei der BIKE Transalp, zwei hochkarätigen Mehrtages-Marathons, die aber auch für ambitionierte Hobby-Biker reizvoll sind. Im Renn-Gepäck fällt gleich ein Nachteil des Regenerations-Beschleunigers auf. Mit über vier Kilo Gewicht und einem konzeptbedingten großen Packmaß sind die Hosen Nichts fürs Handgepäck. Bei Rennen mit Gepäcktransport, wo Teilnehmern nur ein begrenztes Volumen zur Verfügung steht, kann das zum Problem werden. Auch im heimischen Schrank muss erst einmal ein Platz für die Reboots gefunden werden. Aufgrund der internen Elektronik kann die Hose nicht sehr klein zusammengelegt werden.

Unter dem robusten Obermaterial verstecken sich Schläuche, Kabel und kompakte Kompressoren. Insgesamt kommt so einiges an Gewicht zusammen.Foto: Jan TimmermannUnter dem robusten Obermaterial verstecken sich Schläuche, Kabel und kompakte Kompressoren. Insgesamt kommt so einiges an Gewicht zusammen.

Anziehen ist Übungssache

Vor der ersten Anwendung stellt sich bei den Reboots eine kleine Herausforderung. Zwar besitzen beide Hosenbeine einen durchgängigen, stabilen Reißverschluss, welcher das Anziehen erleichtert, in sitzender Position eine begrenzt flexible Hose anzuziehen erfordert jedoch etwas Übung. Auf Ziehen und Zerren verzichtet man dabei besser. Gleich bei unserem ersten Versuch löste sich die Kabel-Steckverbindung an einem Kompressor. Die Folge: Eine Luftkammer war ohne Funktion. Kein dauerhafter Schaden, denn das Kabel ließ sich wieder anstecken, doch aufgrund der innenliegenden Struktur brauchte dies rund 20 Minuten Geduld.

Abgesehen davon vermitteln die Reboots Go X einen absolut hochwertigen Eindruck. Anders als viele Mitbewerber sind die Reboots Produkte keine Kopien bestehender Konzepte. Das Unternehmen entwickelt selbst in Deutschland und beschäftigt dort ein 20-köpfiges Team. Produziert wird in Asien. Die Verarbeitung ist tadellos, das Material robust aber nicht atmungsaktiv. An sehr heißen Tagen kann es in den Reboots schon mal schwitzig werden.

Zwar sind die Reboots Go X “made in China”, entwickelt werden sie aber in Deutschland. Darauf ist man im Unternehmen stolz.Foto: Jan TimmermannZwar sind die Reboots Go X “made in China”, entwickelt werden sie aber in Deutschland. Darauf ist man im Unternehmen stolz.

Mindestens genauso wichtig wie die Handhabung, ist aber die Funktion der Reboots. Ist der Druck der Hose auf die Beinmuskulatur anfangs noch gewöhnungsbedürftig, so wurde die mechanische Regenerationsmassage in Training und Wettkampf schnell zu einem regelmäßigen Ritual. Dazu sei jedoch gesagt, dass verschiedene Testpersonen unterschiedliche Druck-Levels individuell anders empfanden. Konkret war der Druck auf Stufe acht einem Tester deutlich zu lasch, während ein anderer diesen bereits als unangenehm hoch empfand.

Steuerung via App oder Taste

Zum Glück steigt der Druck nur langsam an und ist via Tastendruck oder App schnell verstellt oder gänzlich abgelassen. Letzteres lässt sich auch gezielt nur in einzelnen Kammern tun, wenn zum Beispiel doch mal ein Krampf in den Fuß fährt. Auf Wunsch drücken die Reboots aber auch kräftig zu: Erstaunlich, wie viel Kraft die kleinen Kompressoren aufbauen können! Im Test-Zeitraum hatten wir hin und wieder mit einem abreißenden Bluetooth-Signal zu kämpfen. Die Verbindung zwischen Handy und Hose war stets schnell wieder hergestellt, allerdings wurde das laufende Programm bei Signalverlust abgebrochen und musste neu gestartet werden - nervig aber kein Beinbruch.

Die Reboots Go X umschließen nicht nur die Beine und das Gesäß, sondern auch die Füße. Nur die Zehenspitzen schauen aus der Hose heraus.Foto: Jan TimmermannDie Reboots Go X umschließen nicht nur die Beine und das Gesäß, sondern auch die Füße. Nur die Zehenspitzen schauen aus der Hose heraus.

Wer einmal das für ihn passende Programm und Setup gefunden hat, kann sich zurücklehnen und die Kompressionshose ihre Arbeit machen lassen. Alleine durch die Liegezeit von mindestens 30 Minuten stellt sich bereits ein Regenerations-Effekt ein. In den Reboots sind Sportler nämlich von der Hüfte abwärts zur Ruhe gezwungen. Auch, wenn der Test ohne ärztliche Betreuung stattfand, sind wir uns sicher: Die Reboots Go X bringen einen deutlich spürbaren Regenerations-Effekt. Besonders den Moment, in dem die Hose schlagartig die in ihr aufgestaute Luft freilässt, empfanden alle Testpersonen als angenehm. Dann nämlich ist der Flüssigkeits-Fluss in den Beinen plötzlich wieder spürbar und die unteren Extremitäten fühlen sich merklich frischer an. Während der BIKE Transalp wurden die Sitzungen in den Reboots Go X mit Kurzbesuchen beim Masseur kombiniert. Eine manuelle, lockernde Massage kann die Maschine nicht ersetzen. Dazu besitzt sie wiederum zu wenig Kraft und zu wenig Zielgenauigkeit auf einzelne Muskeln.

Harndrang

In Sachen Entstauung sind die Reboots Go X jedoch eine gute Hilfe. Nach der Verwendung mussten unsere Tester zuverlässig dringend eine Toilette aufsuchen - ein gutes Zeichen für den Abtransport ungewollter Stoffe! Abschließend stellt sich nochmals die Preisfrage. Auch, wenn die Kompressionshose ein echtes Qualitätsprodukt ist, so bleibt sie auch ein Luxusprodukt. Auf der Suche nach dem letzten Quäntchen Vorteil empfiehlt sie sich für Profis. Im Amateur-Bereich dürfte sie für die meisten Einzelpersonen zu teuer sein. Kaufinteressierte könnten jedoch darüber nachdenken, die Reboots zur gemeinsamen Nutzung mit Teampartnern oder im Verein zu verwenden.

Die Reboots Go X ersetzen keinen Physiotherapeuten - wollen sie aber auch nicht. Zur Entstauung bei Heimanwendung eignen sie sich in jedem Fall sehr gut.Foto: Georg GrieshaberDie Reboots Go X ersetzen keinen Physiotherapeuten - wollen sie aber auch nicht. Zur Entstauung bei Heimanwendung eignen sie sich in jedem Fall sehr gut.

BIKE-Testredakteur Jan Timmermann über die Reboots

Viel-Trainierer und Rennfahrer profitieren von der Regenerationswirkung der Reboots Go X. Ein hoher Maximaldruck und die Auswahl an individualisierbaren Programmen helfen auch bei richtig müden Beinen. Hochwertig verarbeitet, einfach via App steuerbar und dank Akku-Betrieb überall nutzbar, sind die Go X wahrscheinlich die praktischsten Kompressionshosen am Markt. Einzig das konzeptbedingt hohe Gewicht und Packmaß schränkt die Benutzerfreundlichkeit in Alltag und bei Etappenrennen ein. Durch den teuren Anschaffungspreis Nichts für Jedermann, sondern eher etwas für Sportler mit hohen Ambitionen.

Pro

  • spürbare Regenerationswirkung durch Abtransport unerwünschter Stoffe
  • dank Akku-Betrieb überall nutzbar
  • erstaunlich starker Maximaldruck
  • Vielzahl individualisierbarer Programme mit App-Steuerung
  • top Verarbeitung verspricht Langlebigkeit

Contra

  • hoher Preis
  • an heißen Tagen schwitzig
  • groß und schwer
  • Anziehen erfordert Übung
  • gelegentlicher Bluetooth-Abbruch
BIKE-Redakteur Jan Timmermann bei der Alpentour Trophy Schladming.Foto: Marketa NavratilovaBIKE-Redakteur Jan Timmermann bei der Alpentour Trophy Schladming.

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