Robert Kühnen
· 29.05.2023
Am Berg zieht die Schwerkraft Rad und Fahrer nach hinten. Das hat zunächst Auswirkungen auf den Tritt. Mit jedem Tritt beschleunigt man das Rad, in den Totpunkten der Kurbelstellung wird das Rad langsamer, das Tempo pulsiert um einen Mittelwert. Das spüren die Muskeln. Als Folge liegt die optimale Trittfrequenz 10 bis 15 Umdrehungen pro Minute niedriger als im Flachen. Positiv: Anders als im Flachen gibt es eine gute Rückmeldung zum Muskeleinsatz beim Treten, das heißt, den Bergtritt effizient zu gestalten, ist einfacher als in der Ebene. Außerdem wird der Sattel zur schiefen Ebene, insgesamt ist dadurch mehr Haltearbeit zu leisten, was auch trainiert werden muss.
Arme, Schultern und Rückenmuskeln bilden eine Kraftschlinge. Der Oberkörper ist das Widerlager für die kräftige Beinmuskulatur. Halten Sie die Arme leicht gebeugt und ziehen Sie die Ellenbogen leicht nach innen Richtung Bauchnabel. Der auf diese Weise leicht vorgespannte Oberkörper ist steifer und lässt weniger Tretpower verpuffen. Halten Sie den Rücken gerade und öffnen Sie etwas den Hüftwinkel, um besser atmen zu können. Hände an den Bremsgriffen oder am Oberlenker.
Die Beine flüssig strecken und heben, Kraftspitzen vermeiden. Ziel ist es, geschmeidig und mit gutem Wirkungsgrad zu fahren, nicht mit roher Kraft. Beine gerade führen, Oberkörper und Hüfte ruhig halten.
Die optimale Trittfrequenz liegt 10 bis 15 Umdrehungen pro Minute niedriger als in der Ebene. 80–85 U/min anzustreben, ist ein gutes Ziel. Ein besonders kraftvoller (langsamer) Tritt senkt zwar den Puls, ist auf lange Sicht aber schlechter durchzuhalten und kostet mehr Energie. Deshalb auch im Training den flüssigen Bergtritt üben.
Reserven sind immer gut, es gibt keine zu leichten Gänge! Mindestens eine 1 : 1-Übersetzung realisieren. Dass die Gänge bergab nicht reichen, ist nur für Spitzenfahrer ein Thema.
Ein Sattel mit leicht erhöhtem Heck und nicht zu rutschiger Oberfläche stützt den Bergtritt und reduziert die Haltearbeit für den Oberkörper am Berg.
Beim Bergfahren im Stehen zu pedalieren, dient vor allem dazu, die Muskeln zu lockern und das Gesäß kurzzeitig zu entlasten. Auf Dauer ist der Wiegetritt aber nicht effizient, weil zusätzliche Haltearbeit zu leisten ist – ablesbar am ansteigenden Puls. Am besten nutzt man die Technik des Wiegetritts daher am Anstieg zwar regelmäßig, aber immer nur kurz zum Auflockern. So lassen sich auch kurze, steilere Stücke überwinden, ohne zu schalten, weil im Stehen eine niedrigere Trittfrequenz angenehmer zu fahren ist. Der Wiegetritt eignet sich außerdem für starke Beschleunigungen wie Sprints, weil man insgesamt mehr Muskeln einsetzen kann.
Lange Berge erzwingen vor allem eines: angepasste Geschwindigkeit. Zu schnell mit dem Rennrad in den ersten Berg zu fahren, ist der meistgemachte Fehler. Es gibt keine Wunder: Wer überzieht, wird später nach hinten durchgereicht.
Das richtige Tempo ist individuell verschieden, es richtet sich nach der persönlichen Dauerleistungsgrenze, die im Training oder einer Leistungsdiagnostik vorab ermittelt wird (FTP, Schwellenleistung). An dieser sollte man sich stets orientieren und einige Prozentpunkte darunter bleiben. Am besten gelingt es mit einem Powermeter, das Tempo von Beginn an richtig einzustellen. Der Puls reagiert mit Verzögerung, ist an langen Steigungen aber auch ein guter Ratgeber. Oberhalb der Schwelle zu fahren, ist bei langen Marathons absolut zu vermeiden. Die subjektive Belastung eilt der tatsächlichen hinterher, das macht es schwierig, das Tempo nur nach Gefühl zu dosieren. Der beste subjektive Indikator ist die Atmung, die schneller anspricht als der Puls.
Salami-Taktik funktioniert fast immer. Die nächste Kehre ist das (absehbare) Ziel. Gibt’s keine Kehren, können Sie Kilometersteine sammeln. Mit den Nahzielen schrumpfen Sie sich jeden Berg auf ein erträgliches Maß. Alle 20 Minuten einen Happen essen/trinken!
Berge sind selten ganz gleichmäßig. Serpentinen sind außen flach und innen steil. Bisweilen bäumen sich Rampen auf. Was ist die beste Taktik, schnell nach oben zu kommen? Optimal ist eine gleichmäßige Tretleistung, sie ergibt die kürzeste Gesamtfahrzeit. Das erfordert viel Schalten. Wenn man Serpentinen außen fährt, sollte man in einen schwereren Gang schalten und Druck auf dem Pedal lassen. Lässt die Steigung nach, sind gleichmäßig Fahrende mit Powermeter im Vorteil: Sie geben weniger schnell dem natürlichen Reflex nach, sofort weniger hart zu treten.
Wird es zu steil und Ihnen gehen die Gänge aus, legen Sie zusätzliche Serpentinen auf die Straße. “Schlangenlinien fahren” ist besser als schieben.
Nie vergessen: Sie machen das freiwillig und zum Spaß. Genießen Sie auch die harten Momente. Legen Sie sich Ihr persönliches Mantra zurecht und projizieren Sie positive Bilder ins Kopfkino.
Marathons werden selten bergab entschieden – runter müssen trotzdem alle. Und am besten sicher und mit Spaß. Oberste Regel: Weder sich selbst noch andere gefährden. Das bedeutet, stets so zu fahren, dass man die Kontrolle über das Geschehen hat. Die Wohlfühlbereiche können dabei sehr verschieden sein. Zur Kontrolle gehört auch ausreichende Bekleidung. Wer vor Kälte zittert, hat sicher keine gute Kontrolle über sein Rad.
Unsere Tipps: