Unbekannt
· 15.05.2012
Schmerzen im Dammbereich bei einer Kilometerleistung von 8000 km/Jahr versalzen die Freude am Rennradfahren. Was ist zu tun, wenn der Arzt die Diagnose Pudendus-Neuralgie stellt? Dr. Staudte gibt Auskunft.
Frage von Thomas W.: Ich bin 47 Jahre alt, fahre seit rund zehn Jahren Rennrad, zirka 8.000 Kilometer pro Jahr – von C-Rennen, Seniorenrennen bis Ötztaler ist alles dabei. Die Versuche, meine Sitzposition zu optimieren, haben nach meiner letzten längeren Tour dazu geführt, dass ich einen Dammdruck verspüre, der nicht mehr verschwindet und auch im Büro oder Auto lästig ist. Der Urologe hat die Diagnose Pudendus-Neuralgie gestellt, für die es jedoch keine richtige Therapie geben soll. In der Vergangenheit hatte ich hin und wieder nach länger en Touren einen erhöhten Harnreiz, der aber bald wieder abgeklungen ist. Was ist ihr Rat?
Antwort von Dr. Stefan Staudte: Bei der von Ihnen geschilderten Problematik handelt es sich wohl um ein Überlastungssyndrom. Wo es anatomisch liegt und welche Strukturen davon genau betroffen sind, vermag ich auf die Distanz leider nicht zu sagen, kann Ihnen jedoch Hinweise geben. Theoretisch ist Radfahren für den Damm-, Hodensack-, und Analbereich gefährdend, vor allem mit herkömmlichen Standardsätteln, die die Mitte des Damms ungünstig belasten. Genau hier liegen die hintere Harnröhre, Gefäß- und Nervenknäuel sowie in der Tiefe die Prostata und Harnblase. Dort sind Reizungen und Entzündungen möglich. Ihre Beschreibung von vermehrtem Harndrang nach längeren Touren ist ein Indiz in diese Richtung. Der hintere Dammbereich, also After, Pobacken und Sitzknochen, können ebenfalls betroffen sein – dort sind Überlastungsbeschwerden der Muskeln, Sehnen, Muskelansatzpunkte und Knochenhaut denkbar. Im vorderen Dammbereich ist vor allem der Penisansatz mit seinen Sch wellkörpern und die Harnröhre betroffen.
Die Diagnose „Pudendus-Neuralgie“ ist eine sogenannte Ausschluss-Diagnose – das heißt, alle anderen in Frage kommenden Ursachen treffen nicht zu, daher ergibt sich daraus keine ursachenbezogene Behandlung. Die einzige Lösung wäre in diesem Fall die verursachende Belastung zu vermeiden und abzuwarten, also zunächst nicht mehr Rad zu fahren. Das ist für Sie als leistungsorientierten Rennradfahrer natürlich nicht befriedigend. Daher ist es wichtig, dass die bislang durchgeführten Untersuchungen umfassend und genau genug waren. Sollte zum Beispiel eine Prostata-Entzündung die Ursache sein, wäre dies relativ gut behandelbar. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, die Geometrie des Rades sowie Sattel und weitere Anbauteile gegebenenfalls so zu ändern, dass der Druck an den betroffenen Stellen des Damms gemieden wird. Dazu können Sie Ihre persönlichen Merkmale bei Radhändlern, in Trainingsberatungs-Instituten oder bei spezialisierten Sportmedizinern analysieren lassen.