Rennradfahren im Winter kann ein ganz besonderes Vergnügen sein: Die Natur vermittelt bisweilen drastisch andere Eindrücke als im Sommer, die Herausforderungen durch Kälte oder auch Nässe sind viel unmittelbarer und elementarer. In der Sommerhitze zu schwitzen, kann auch herausfordernd sein, aber frostige Temperaturen und Regen oder Graupel oder gar Schnee greifen Konstitution und Motivation ungleich stärker an, die Gefahr, krank zu werden, ist zweifellos größer.
Neben dem passenden Equipment, mit dem man den Körper möglichst warm und trocken hält, gehört zu einem radaktiven Winter ein gesunder und fitter Organismus und ganz besonders ein abwehrstarkes Immunsystem – zu dem man selbst eine Menge beitragen kann.
In der Corona-Pandemie sind die meisten Menschen sensibilisiert worden für das richtige Verhalten, um Erregern aus dem Weg zu gehen – und man kann leider gut beobachten, wie die Konsequenz in diesem Verhalten bei nachlassender Pandemiegefahr wieder rapide nachlässt. Dabei waren und sind all die Maßnahmen immer richtig und wichtig und ganz besonders auch für Sportler. Also gilt:
Viele Radsportler achten penibel auf ihr Gewicht – und trotzdem lassen sich auch viele von den vorweihnachtlichen Leckereien verführen. Mancher starrt dann frustriert auf die Anzeige der Waage, wenn das Gewicht ein wenig zunimmt und will die überflüssigen Pfunde so schnell wie möglich wieder loswerden. Im Winter ist das aber keine so gute Idee; wer gleich nach Weihnachten eine Diät beginnt, stresst den Organismus unnötig, der in der kalten Jahreszeit mit der Abwehr von Krankheitserregern beschäftigt ist und beim Rennradfahren im Winter die Muskeln und das Herzkreislaufsystem mit Energie versorgen und den Körper warmhalten soll. Also: Mit dem Abschmelzen der Pölsterchen auf den Hüften, die sich unvorteilhaft unterm engen Sommertrikot abzeichnen, kann man beginnen, wenn die Temperaturen draußen wieder milder werden.
In der Regel werden wir nicht davon krank, dass es draußen kalt ist oder stürmt und schneit – sondern dadurch, dass unser Immunsystem geschwächt ist und Krankheitserreger nicht abwehren kann. Viel mehr als eine kalte Nasenspitze greifen unser körpereigenes Abwehrsystem Faktoren an wie Stress, Schlafmangel, Umweltbelastungen und Genussgifte wie Alkohol oder Nikotin. Wer diesem Störfeuer aus dem Weg geht, stärkt sein Immunsystem sozusagen passiv.
In Zeiten allgegenwärtiger Desinfektionsmittel-Spender in Geschäften und an öffentlichen Orten mag es etwas seltsam klingen, aber übertriebene Hygiene kann auch den gegenteiligen Effekt haben, denn Immunzellen können umso schneller reagieren, je mehr Erreger sie kennen.
Mag sich altmodisch anhören, hat aber nichts an Relevanz eingebüßt: Man kann den Körper auch darauf trainieren, mit den Unbilden des Wetters beim Rennradfahren im Winter souverän umzugehen – durch Abhärtung. Sauna, kalt-warme Wechselduschen und Kneipp-Anwendungen bringen das Gefäßsystem auf Trab und ahmen den Kältereiz in winterlicher Umgebung nach. Das andere Extrem gilt ohnehin seit Jahrhunderten und auch bei vielen Naturvölkern als wirkungsvolle Methode, um den Körper zu stärken: Schwitzen entgiftet und reinigt.
Die Luftveränderung ist seit jeher ein wesentlicher Bestandteil von Kur-Aufenthalten und immer noch zeitgemäß. Ein paar Tage Auszeit am Meer oder in die Bergen wirken stimulierend auf die Atemwege und unterstützen das Immunsystem.
Ein alter Spruch der Trainingslehre lautet zwar: „Radsportler werden im Winter gemacht“, das bedeutet aber nicht, beim Rennradfahren im Winter schon zu trainieren wie ein Weltmeister. Mit sinnvollem Training im Winter wird die Basis gelegt, um ab dem Frühjahr zunehmend länger und intensiver trainieren zu können. Das heißt: Im Winter nicht zu lang und zu intensiv.
Genug zu trinken ist immer wichtig, aber besonders im Winter, wenn wir uns oft in Räumen mit trockener Heizungsluft aufhalten, kommt der Flüssigkeitsaufnahme zusätzliche Bedeutung zu, um die Schleimhäute feucht zu halten und das Immunsystem zu stärken. Zwei bis drei Liter pro Tag sind empfehlenswert, besonders in Form von Kräutertees wie Brennnessel, Löwenzahn, Goldrute, Birke. Und nicht zu vergessen, der Power-Klassiker fürs Immunsystem: Ingwer.
Im Winter gelingt es sicher nur den wenigsten Radsportlern, sich jeden Tag oder zumindest mehrmals pro Woche draußen aufs Rad zu setzen. Die Folge davon ist gar nicht so selten, dass man dann tagelang überhaupt nicht an die frische Luft kommt. Das ist für einen gesunden und abwehrbereiten Körper jedoch wichtig. Deshalb: Jeden Tag wenigstens eine halbe Stunde spazieren gehen oder einfach draußen sein.