Experten-Interview„Was ist ein Energie-Riegel, Herr Barr?“

Dimitri Lehner

 · 16.05.2025

Experten-Interview: „Was ist ein Energie-Riegel, Herr Barr?“Foto: Powerbar
Nahrungsexperte, Sportler, Weltmeister: Simon Barr weiß, was Athleten brauchen.
Im Supermarkt füllen sie reihenweise Regale: Energie-Riegel. Bei der Fülle geht die Orientierung verloren. Protein, Zucker, Fett, Schokolade – was darf drin sein, was nicht? Wir fragten Simon Barr, Experte bei Powerbar.

Lange Zeit standen Athleten ziemlich doof dar, wenn es darum ging sich während der sportlichen Belastung mit schneller Energie zu versorgen. Noch in den 1950 und 1960er Jahren blieb den Sportlern nichts anderes übrig als in Apfel oder Banane zu beißen, Nüsse und Datteln zu essen oder Schokolade. Erst mit dem Wettlauf zum Mond begannen Wissenschaftler an einer kompakten, schnellen, konzentrierten Form von Nahrung zu tüfteln, doch die Erkenntnisse waren den Astronauten vorbehalten und unter Verschluss: top secret. Erst Ende der 1980er-Jahre kamen die ersten Energie-Riegel für Sportler auf den Markt. Mittlerweile hat sich das Angebot zu einer undurchschaubaren Flut an Riegeln, Gels, Drops, Shakes und Pulver gesteigert. Um Orientierung zu bekommen, fragten wie nach bei einem Experten vom E-Riegel-Pionier Powerbar.

BIKE: Simon, du bist zweifacher Weltmeister im Rudern, Sports Nutritionist und Ernährungsexperte bei Powerbar. Du musst es wissen – wie definierst du „Energieriegel“?

Simon Barr: Kohlenhydrate, Proteine und Fette – alle Makronährstoffe liefern Energie. Doch selbst bei sanfter sportlicher Aktivität wie zum Beispiel beim Spazierengehen verbrenne ich primär Kohlenhydrate und Fette. Sprich: Für mich sollte ein Energieriegel Kohlenhydrate und/oder Fette liefern. Geht es um Energie während einer intensiven Belastung, grenze ich noch mehr ein und sage: Energieriegel = Kohlenhydrat-Riegel.

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In Abgrenzung zum Protein-Riegel?

Richtig. Ein Protein-Riegel ist für mich kein Energieriegel, da die meisten Protein-Riegel wenig Kohlenhydrate bzw. Zucker besitzen. Wenn ich auf dem Rad sitze und einen Energieschub brauche, will ich also definitiv keinen Protein-Riegel essen. Sondern? Einen Kohlenhydrat-Riegel. Ob das jetzt Kohlenhydrate in Form von zum Beispiel Hafer, Getreide, Kartoffelflocken oder Zucker sind – das ist eigentlich egal.

Der Mensch hat in der Regel genug Fettreserven

Dann könnte ich auch einen Corny-Nuss-Riegel oder ein Snickers essen.

Da steckt zwar viel Energie in Form von Fett drin, und wenn du zum Beispiel wandern gehst, dann ist das auch mal okay. Denn beim Wandern ist die Belastung recht gering – Fett als Brennstoff funktioniert da ganz gut. Man sollte allerdings wissen, dass es grundsätzlich nicht nötig ist, Fett dem Körper unter Belastung zuzuführen, denn der Mensch hat in der Regel genug Fettreserven.

Riegel für Bike-Veranstaltung: schnelle, konzentrierte Energie-Zufuhr.Foto: Getty ImagesRiegel für Bike-Veranstaltung: schnelle, konzentrierte Energie-Zufuhr.

Dafür schmeckt ein Snickers lecker.

Ja, klar. Fett wirkt als Geschmacksträger. Ein Snickers hat auf 100 Gramm etwa 500 Kalorien. Das ist allerdings nicht nur Fett, sondern natürlich auch viel Zucker. Der Energieschub kommt dann jedoch durch den Zucker.

Powerbar bietet den „Ride Energy“ an. Dieser Riegel erinnert an Snickers. Was ist der Unterschied?

Der Ride besitzt 10 Gramm Protein pro Riegel, also 19 Gramm pro 100 Gramm. Das ist deutlich mehr als ein Snickers. Der Ride ist eine sportlichere Version des Snickers. Ich würde den Ride aber auch nicht während der Belastung empfehlen, dafür ist zu viel Protein drin. Man kann so einen Riegel als Snack nach der Belastung essen. Wenn man wandern geht – Wandern ist für mich immer das Paradebeispiel für sportliche Aktivität, die nicht sehr intensiv ist, aber auf die Dauer viel Energie verbrennt – kann ich auch so einen Riegel mal essen.

Was ist die Zielsetzung, wenn ihr bei Powerbar einen Energieriegel konzipiert?

1. Ein hoher Kohlenhydratanteil, wenig Fett, wenig Protein, wenige Ballaststoffe. 2. Leicht verdaulich, doch das passiert ohnehin, wenn wenig Protein, Fett und Ballaststoffe im Riegel enthalten sind. Und dann kommen natürlich noch die Kriterien Geschmack, Textur, Handhabung und Format dazu. Doch ich nehme an, deine Frage zielt auf die Zusammensetzung der Nährwerte ab.

Eiweiß verlangsamt die Verdauung. Das braucht man nicht, wenn man intensiv radelt

Nein, nicht nur. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass der Ur-Powerbar bei Kälte so zäh wurde, dass er dir die Zähne ziehen konnte. Dagegen lässt sich ein Clif Bar angenehm essen.

Der Clif Bar ähnelt unserem Ride sehr von der Nährstoffzusammensetzung. Er besitzt ebenfalls 10 Gramm Protein sowie Kohlenhydrate und auch Fett. Deswegen würde ich den Clif Bar gar nicht als klassischen Sportenergieriegel bezeichnen. Dafür ist der Anteil an Protein zu hoch – das Eiweiß verlangsamt die Verdauung. Das kannst du nicht brauchen, wenn du intensiv einen Berg hoch radelst. Mit der Textur gebe ich dir recht. So ein Riegel muss sich gut essen und handhaben lassen. Es bringt nichts, wenn der Riegel so klebrig ist, dass er sich nicht auspacken lässt, oder so hart wird, dass du dir die Zähne ausbeißt. Es bringt aber auch nichts, wenn der Riegel die perfekte Textur hat oder den perfekten Geschmack, aber zu viel Fett oder Ballaststoffe besitzt, dass dir der Riegel wie ein Bleiklotz im Magen liegt. Man muss also, wie so oft, einen guten Mittelweg finden.

Werbung für Powerbar: Bei Kälte so zäh wie Fensterkitt.Foto: PowerbarWerbung für Powerbar: Bei Kälte so zäh wie Fensterkitt.

Es gibt Experten und Ärzte, die sagen, die Banane sei noch immer ungeschlagen als Energieriegel. Reden die Quatsch?

Die Banane ist schwierig. Da musst du nur mal in den Supermarkt gehen und ins Regal schauen. Die Banane variiert von hellgrün bis schwarz-braun. Und je nach Farbe, also je nach Reifegrad, variiert die Zusammensetzung. Hellgrün = viel schwerverdauliche Stärke. Dunkel = viel leicht verdauliche Kohlenhydrate bzw. Zucker. Sprich: Eine reife Banane mag vielleicht eine ziemliche Batzerei in der Trikottasche sein, doch der wesentlich bessere sportliche Snack als die harte, grüne Banane.

Powerbar-Werbung in den 1990ern: Den Kern der Thematik getroffen.Foto: PowerbarPowerbar-Werbung in den 1990ern: Den Kern der Thematik getroffen.

Gerade werden in den Medien die Kohlenhydrate verteufelt. Es heißt, sie lassen den Blutzucker in die Höhe schnellen mit vielen gesundheitlichen Risiken. Was ist an diesem Vorwurf dran?

Es ist was anderes, ob ich auf der Couch sitze und eine Tafel Schokolade esse oder während der sportlichen Belastung dem Körper Kohlenhydrate bzw. Zucker zuführe in Form eines Energieriegels. Die sogenannten Blutzucker-Spikes gibt es während der Belastung nicht.

Jeder will gesund leben. Was sind deine Dos & Don’ts?

Mein Do ist: Eine ausgewogene Ernährung mit vielen verschiedenen unverarbeiteten Lebensmitteln, überwiegend pflanzlich, mit ausreichend Eiweiß und gesunden Fetten. Dazu ein aktiver Lifestyle mit einer Kombination aus Ausdauer- und Kraftsport. Don’ts: zu viele Fertiggerichte, wenig Schlaf, wenig Bewegung und zu viel Stress.

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