TOUR: Radsportler trinken Wasser, Fruchtsaftschorlen oder spezielle isotonische Sportgetränke zum Ausgleich ihres Flüssigkeitshaushalts. Wie gut ist alkoholfreies Bier als Durstlöscher?
Uwe Schröder: Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Aktions- und Regenerationsgetränken. Bier ist kein ideales Getränk während des Sports. Wegen seiner Kohlensäure taugt es nicht für die Trinkflasche und führt zudem zum Blubberbauch. Und da während der Aktivität durch das Schwitzen vor allem Salz verloren geht, ist hier auf den Natriumgehalt zu achten, was im Bier kaum oder gar nicht vorhanden ist. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in Parma empfiehlt als Dosierung etwa ein Gramm Salz pro Liter. So genannte “Salty Sweater”, also Sportler mit schnell sichtbarem Salzrand auf den Klamotten sollten sogar höher dosieren.
TOUR: Und davor und nach dem Sport?
Uwe Schröder: Wer’s mag, kann etwa 15 Minuten vor dem Sport alkoholfreies Bier trinken. Grundsätzlich beugt das dosierte Trinken kohlenhydrathaltiger Getränke wie alkoholfreies Bier unmittelbar vorm Sport dem so genannten “Rebound-Effekt”, also der Überkompensation durch zu viel Trinken nach dem Sport, vor.
Als Regenerationsgetränk erfüllt alkoholfreies Bier wichtige Funktionen: Es gleicht den Wasserhaushalt aus, durch seine Kohlehydrate stabilisiert es den Blutzuckerspiegel, hilft die entleerten Muskelenergiespeicher schnell zu füllen und sein enthaltener Mineralstoff Kalium unterstützt dabei, diese Kohlenhydratenergie schnellstmöglich wieder in die Muskeln einzuspeichern.
Eine anerkannte Empfehlung ist direkt nach dem Sport ca. 1 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht zur effektiven Regeneration und Wiederauffüllung der Glykogenspeicher zu verzehren. Mit kohlenhydrathaltigen Getränken wie alkoholfreiem Bier kann dieser Empfehlung leicht nachgekommen werden.
Da pro Gramm Kohlenhydrate ca. 19 mg Kalium mit in die Muskelzelle eingelagert wird, sind kaliumreiche Getränke für die Regeneration nach intensiven Aktivitäten besonders gut geeignet.
TOUR: Stichwort Etikett: Manche Biere werden explizit als “isotonisch” beworben. Sind diese Biere besser als ein Bier ohne diese Deklaration?
Uwe Schröder: In der Europäischen Union darf ein Getränk als isotonisch deklariert werden, wenn seine Osmolalität (Konzentration osmotisch aktiver Teilchen) zwischen 270 und 330 mOsm/kg liegt. Entsprechend geben mir solch deklarierte Biere die Sicherheit, dass ich sowohl eine relevante Menge an Kohlehydraten als auch an Elektrolyten und natürlich Wasser bekomme.
Die Eigenschaft “isotonisch” ist jedoch kein alleiniger Gradmesser für die Qualität eines Sportgetränks; sie sagt lediglich aus, welche Mengen Osmol enthalten sind. Für das Aktionsgetränk – also das Getränk direkt auf dem Rad – haben sich Konzentrationen bis zu 16% Kohlenhydraten als noch gut verträglich bewährt. D.h., in einen Liter Wasser werden 160g schnell verfügbare Kohlenhydrate wie Zucker oder Traubenzucker gelöst. Diese Lösung ist hypertonisch aber lediglich unter bestimmten Bedingungen gut geeignet.
TOUR: Wer sollte auf alkoholfreies Bier verzichten?
Uwe Schröder: Wie beim Brot ist Bier für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit natürlich das absolut falsche Getränk. Diese Gruppe scheint unter Ausdauersportlern im Übrigen zu wachsen. Allerdings gibt es inzwischen auch Glutenfreies Bier. Diese Biere sind in der Regel als glutenfrei gekennzeichnet und für Menschen mit Glutenunverträglichkeit sicher.
Ansonsten ist alkoholfreies Bier als Durstlöscher für Sportler vor allem nach dem Sport immer eine gute Wahl – wenn es den Geschmack trifft. Ein Restalkohol von bis zu 0,5 Prozent ist meist kein Problem. Unser Blut ist nie alkoholfrei, weil unser Körper selbst Ethanol produziert und sogar Roggenbrot oder Bananen Alkohol enthalten. Das wissen viele nicht. Dennoch empfiehlt das DiSE e.V. bei leistungsorientierten Sportlern die 0.0% Variante. Sie bietet den Vorteil, dass keinerlei alkoholbedingte diuretische Wirkung zu haben, was zum Ausgleich der im Ausdauersport typischen großen Schweißverluste besonders wichtig ist. Auch der geringe Alkoholgehalt in “alkoholfreiem” Bier (bis zu 0.5%) kann eine leicht diuretische Wirkung haben, die die Rehydrierung nach dem Sport beeinträchtigen könnte. Kommt es auf die schnellstmögliche Regeneration an, z.B. im Trainingslager oder bei zweimaligem Training am Tag, kann der völlige Verzicht auf Alkohol in 0.0% Bier die Muskelregeneration und Erholung fördern. Denn Alkohol hemmt die Proteinsynthese. Damit verzögert sich der Muskelaufbau und die -reparatur nach intensivem Training.
TOUR: Hat alkoholfreies Bier weitere positive Effekte für die Gesundheit eines Sportlers?
Uwe Schröder: Alkoholfreies Bier enthält Polyphenole, die entzündungshemmende Eigenschaften haben und zur Reduktion von oxidativem Stress beitragen können. Dies kann die Erholung der Muskeln unterstützen und Entzündungen nach intensivem Training verringern. Zudem konnte in einer Studie aus München bei Marathonläufern gezeigt werden, dass Erkrankungen der oberen Atemwege, die typisch für Ausdauersportler sind, weniger oft und weniger stark aufgetreten sind. Dieses Ergebnis wird auf die Sekundären Pflanzenstoffe (Polyphenole) zurückgeführt.