Unbekannt
· 28.04.2008
Der "Stoppomat" am Höchsten nahe des Bodensees ist die erste permanente Zeitfahrstrecke in Deutschland. Anfang Mai wächst die Idee zur Serie: Sechs Anlagen formieren sich zur TOUR-Stoppomat-Challenge – machen Sie mit!
Machen Sie mit bei der Zeitfahr-Serie um die TOUR-Stoppomat-Challenge: Unter allen Teilnehmern, die mindestens vier der sechs Strecken zwischen dem 1. Mai und dem 30. September 2008 absolvieren und mit Zeiten dokumentieren, verlosen wir:
• einen Teamstartplatz für zwei Personen für die TOUR-Trans-Austria 2009
• einen Carbon-Laufradsatz von Shimano im Wert von 1.000 Euro
• zehn Continental-Reifensätze “Grand Prix Attack & Force” im Wert von je 79,95 Euro
Aktuelle Zwischenstände und Wertungsübersichten gibt’s hier online, die Zeitbesten der verschiedenen Wertungskategorien werden nach Abschluss der Serie in TOUR veröffentlicht.
Die Standorte:
• Hirschhorn (ca. 8,3 km, 280 Höhenmeter)
69434 Hirschhorn am Neckar, Hainbrunnerstraße
• Höchsten (8,2 km, 360 Höhenmeter)
88693 Deggenhausertal (Urnau), Parkplatz Schönemühle
Info: Roland.Hecht@gmx.de
• Kalmit (ca. 8,1 km, 500 Höhenmeter)
67487 Maikammer (Alstweiler), Ortsausgang Richtung Westen auf Alstweiler Straße
• Königstuhl (ca. 5,3 km, 320 Höhenmeter)
69151 Neckargemünd (Waldhilsbach), Richtung Norden auf der Heidelberger-Straße, am Ortsausgang
• Pfullingen (ca. 4,3 km, 270 Höhenmeter)
72805 Lichtenstein (Unterhausen) in Richtung Süden, Gießsteinsteige/Buchhalde auf der rechten Seite
Info: info@vsv-votteler.de
• Hoher Meißner (ca. 7,8 km, 480 Höhenmeter)
37290 Meißner (Abterode), Ortsmitte
Detaillierte Infos zu den Strecken sowie Höhenprofile, Lagepläne und Routenplaner gibt’s im Internet
WIE ES BEGANN...
Klack. Irgendwo im Inneren des gelben Gehäuses knallt ein Stempel die sekundengenaue Zeit auf die Karte – das Rennen beginnt. Rennen? Die Kulisse ist dürftig. Es gibt keine Zuschauer, keine Absperrungen, nirgends plärrt ein Lautsprecher. Da ist nur die Straße, der Berg – und die tickende Uhr im Kopf, die signalisiert: Jetzt gilt’s! Der Anreiz ist beträchtlich, das signalisieren die brennenden Oberschenkel schon nach wenigen hundert Metern. Schließlich wartet nach gut acht Kilometern am Ende der Steigung wieder ein Stempel, der eine zweite Zeit aufs Papier druckt und damit den Beweis der eigenen Fitness. Oder das ganze Ausmaß des Elends, je nachdem. Die Idee ist so einfach wie bestrickend: Man nehme eine schöne Bergstrecke, nicht zu lang und nicht zu schwer, installiere eine Zeitmessanlage und fertig ist die permanente Rennstrecke, auf der jedermann jederzeit seine Form testen kann, sich mit Kumpels messen oder einsame Rennen gegen die Uhr fahren. Es ist eine jener Ideen, die einem vorzugsweise bei einem gepflegten Bierchen nach der Trainingsrunde in den Kopf schießen und sich dort einnisten: Man müsste mal ...
Werbung für den Hausberg
So geschehen bei Roland Hecht und Andreas Reinhardt, als sie vor drei Jahren auf Mallorca trainierten. Nach der Radrunde schauten die beiden Mitglieder des RSV Seerose in Friedrichshafen abwechselnd aufs Meer hinaus und in ihre Weizengläser und grübelten vor sich hin: Der heimatliche Radverein dümpelte seit einiger Zeit etwas motivationslos vor sich hin und brauchte dringend eine Frischzellenkur. Die Radler vom Bodensee schielten zudem immer etwas neidisch ins nahe Österreich hinüber: Der Pfänder, Hausberg von Bregenz, lockte stetig Rennradler an; der Höchsten hingegen, der kaum weniger attraktive Hausberg der Friedrichshafener, war bis dato nur Insidern ein Begriff. Aber was tun? Hecht und Reinhardt sannen über Werbemaßnahmen nach – aber die zündende Idee fehlte.
Wieder zu Hause, trafen die beiden auf ihre Vereinsmitglieder Lutz Geisler und Sabine Reich, die just in der Schweiz zum Radeln gewesen waren und dort die “Swiss Trophy” kennen gelernt hatten: Eine Serie von Bergzeitfahren während des Sommers auf wechselnden Strecken, dokumentiert mittels mobiler Zeitmessanlagen, die mehrere Wochen an einem Standort bleiben und dann zur nächsten Strecke weiterziehen.
“Das war die Idee”, sagt Roland Hecht und macht keinen Hehl daraus, woher die Anregung stammt, “aber wir wollten das bei uns am Höchsten als fest installierte Anlage.” Die Strecke war das kleinste Problem. Sie stand schnell fest. Doch dann machten sich Hecht und seine Vereinskollegen an die Recherche, suchten nach Herstellern geeigneter Anlagen und fanden – nichts. Als er seinen Kollegen – Ingenieuren bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen – die Idee schilderte, waren die gleich Feuer und Flamme, bremsten Hechts Elan mit ihrer Kostenschätzung aber trocken aus: “20.000 Euro”, erinnert sich Hecht, “das war für unseren kleinen Verein indiskutabel.”
Also fingen die Hobby-Radsportler an zu tüfteln. Wichtigster Punkt: die Zeitnahme. Denn mit der präzisen Dokumentation der Fahrzeit steht und fällt die ganze Idee. Je konkreter das Projekt wurde, desto mehr Dinge waren zu bedenken. Es gab Anlagen zur Zeitdokumentation für den Innenbereich, aber keine Geräte für draußen. Also musste eine wetterfeste Konstruktion her, die Stromversorgung für die Start- und Zielanlage musste geklärt werden, das Starthäuschen konstruiert und gebaut; war eine Aufgabe gelöst, folgten gleich zwei neue. Zwischendurch bekam das Projekt wenigstens seinen Namen: Als Roland Hecht im Herbst 2005 über die Eurobike-Messe in Friedrichshafen schlenderte, entdeckte er am Stand des Reifenherstellers Continental den “Schlauch-O-Mat” – eine Art Zigarettenautomat für Radschläuche, der an Radläden aufgehängt wird, um Radler auch außerhalb der Öffnungszeiten mit Ersatzschläuchen versorgen zu können. Der “Schlauch-O-Mat” sah der im Bau befindlichen Zeitmessanlage verblüffend ähnlich, so dass es bis zum “Stoppomat” nicht mehr weit war. Conti zählt inzwischen übrigens zu den Sponsoren des Projekts.
Vom Unikat zur Serie
Zweite zentrale Aufgabe neben der reinen Zeitmessung: Die Aufbereitung und Präsentation der gefahrenen Zeiten im Internet – denn darin steckt ein nicht unbeträchtlicher Reiz der permanenten Zeitfahrstrecke: Dass jeder Teilnehmer, sofern er seine Karte mit der aufgedruckten Zeit abgibt, sich im Internet wiederfindet und sich mit allen anderen Bergfexen in verschiedenen Wertungskategorien nach Alter und Geschlecht vergleichen kann. Hechts Freund Thomas Bischof kam ins Spiel, Hobbyrennradler und promovierter Maschinenbau-Ingenieur. Er programmierte in mehr als 500 Stunden ehrenamtlicher Arbeit die Software und die Datenbank, die den virtuellen Wettstreit mit anderen Radsportlern erst möglich macht.
Nach vielen durchgearbeiteten Wochenenden ging Ende März 2006 die Anlage am Höchsten in Betrieb. Drei Wochen später gab sich Radprofi Steffen Wesemann die Ehre, setzte eine starke Richtzeit – und seither brummt der Laden. Mehr als 4.400 Zeiten sind inzwischen dokumentiert. Der Stoppomat hat sowohl dem Höchsten als auch dem RSV Seerose neue Aufmerksamkeit beschert und das Vereinsleben nachhaltig belebt. Hecht und seine Helfer freuen sich über inzwischen rund 30 neue Vereinsmitglieder, der Altersdurchschnitt im RSV Seerose ist von 56 auf 40 Jahre gesunken. Der Stoppomat ist immer wieder Thema in der Lokalpresse, im Juli 2006 und 2007 haben die “Seerosen” zudem Rennen auf den Höchsten veranstaltet, mit deren Einnahmen sie den Bau und den Unterhalt ihrer Anlage finanzieren.
Inzwischen ist die Kunde vom Stoppomat weit ins Land hinaus gelangt. Interessenten, die ebenfalls eine Stoppomat-Anlage aufstellen wollen, meldeten sich zuhauf. Nach anfänglichem Zögern gaben die Friedrichshafener schließlich nach, halten aber eisern an ihrem Grundsatz fest: “Wir wollen nicht, dass der Stoppomat kommerziell genutzt wird”, sagt Roland Hecht. “Das ganze Projekt basiert auf ehrenamtlichem Engagement, die Benutzung der Anlage ist und bleibt kostenlos, niemand verdient etwas daran. Und das soll auch so bleiben.” Inzwischen haben die Stoppomat-Pioniere aber geeignete Partner gefunden; die Kosten von rund 5.000 Euro pro Anlage stemmen die beteiligten Vereine selbst, unterstützt von lokalen Sponsoren oder Fremdenverkehrsämtern, die sich davon auch für ihre Regionen attraktive Anziehungspunkte versprechen.
Am 1. Mai 2008 geht das Bergzeitfahren in Serie: Fünf weitere Anlagen (siehe oben) stehen vorwiegend im süddeutschen Raum. Um eine spannende Gesamtwertung zu installieren, die nicht nur top-trainierten Athleten eine Chance lässt, hat Software-Fuchs Thomas Bischof eine Variante ausgeklügelt: Die Zeiten werden in ein Punkte-System übersetzt, wobei die Durchschnittszeit aller Absolventen einer Strecke gleich 100 gesetzt wird. Wer schneller fährt, wird mit mehr Punkten belohnt, wer langsamer ist, bekommt weniger. Serienstarter, die mehrere oder alle Strecken absolvieren, haben damit eine reelle Chance, gegen super- schnelle Einzelstarter in der Gesamtwertung zu bestehen. In diesem Sinne: Lass’ klacken!