Anfang November 2025 hatten die zwei Branchenverbände - der Fahrrad-Industrieverband ZIV und der Verband Zukunft Fahrrad - mitgeteilt, ihre Zusammenarbeit mit der Fahrradmesse Eurobike in Frankfurt zu beenden. “Wir konnten nicht erkennen, dass beide Gesellschafter mit derselben Konsequenz Maßnahmen unterstützen, die nötig wären, um die Messe zukunftsfähig für die Fahrradbranche aufzustellen”, erläutert Bernhard Lange, ZIV-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführender Gesellschafter der Paul Lange GmbH & Co. KG die Entscheidung. Die beiden Verbände vertreten nach eigener Aussage rund 240 Unternehmen bzw. Mitglieder aus der Fahrradbranche.
Die Tragweite dieser Entscheidung ist derzeit noch nicht absehbar. Die Eurobike, 1991 in Friedrichhafen als reine Mountainbike-Messe in Abgrenzung zu den etablierten Messen wie der IFMA in Köln gegründet, hatte sich im Laufe der Jahre zur internationalen Leitmesse der Fahrradindustrie entwickelt. Die beengte Situation auf dem Messegelände und in der Region Friedrichshafen behinderte jedoch die Weiterentwicklung der Eurobike. Zahlreiche namhafte Hersteller hatten der Messe bereits den Rücken gekehrt. Um dem weiteren Bedeutungsverlust entgegenzuwirken, schloss die Messe Friedrichshafen ein Joint Venture mit der Messe Frankfurt. Das Gemeinschaftsunternehmen Fairnamic, an dem die Messe Friedrichshafen 51 Prozent der Anteile hält, veranstaltet seit 2022 die Eurobike auf dem Gelände der Messe Frankfurt.
Trotz des Fahrrad-Booms in den Corona-Jahren musste die Eurobike auch am neuen Standort weitere Rückschläge in Kauf nehmen. Die Anzahl der Aussteller sank von 1900 im Jahr 2024 über 1800 im vergangenen Jahr auf 1500 in diesem Jahr. Dabei ist das Themenspektrum der Eurobike immer breiter geworden und reicht zumindest theoretisch vom High-End-Rennrad über E-Bikes jeglicher Couleur bis zum Elektro-Cargobike und zu weiteren Formen von Mikro-E-Mobilität. Zuletzt sind jedoch große und wichtige Fachhandels-Einkaufsverbände wie ZEG und BICO der Eurobike ebenso ferngeblieben wie fast alle großen internationalen Marken. Letzte sind in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, ihren Fachhändlern ihre neuen Produkte auf Hausmessen zu präsentieren.
Die beiden Verbände, die nun die Zusammenarbeit mit der Eurobike aufgekündigt haben, hatten nach der diesjährigen Messe ihre Mitglieder ausführlich zu deren Erfahrungen befragt. Ergebnis dieses Feedback-Prozesses war ein “10-Punkte-Plan Eurobike 2026”, der als Basis für die Gespräche mit der Messegesellschaft diente. Im Kern geht es darum, das Profil der Eurobike deutlicher herauszuarbeiten und die verschiedenen Aspekte des Radfahrens wie Sport, Freizeit und Alltagsmobilität gleichberechtigt darzustellen. ZIV und Zukunft Fahrrad fordern außerdem, mit dem Fahrrad verbundene Themenbereiche wie Transport & Logistik, Flottenmanagement, gewerbliche Nutzung sowie Kinder- und Familienmobilität fest im Themenspektrum der Eurobike zu verankern. Ferner wird die Idee der Eurobike abgelehnt, elektrisch unterstützte bzw. angetriebene Fahrräder und Kleinfahrzeuge in eine separate Messe (”Mobifuture”) auszugliedern.
Diesen Plan hat die Eurobike-Messe wenige Tage nach dem Ausstieg der beiden Branchenverbände aufgegeben. „Wir haben uns Zeit genommen, unseren Stakeholdern zuzuhören, zu reflektieren und zu verstehen. Als Eurobike stehen wir im Kontakt und sind uneingeschränkt zum Dialog bereit“, betont Fairnamic-Geschäftsführer Stefan Reisinger. „Wir hören auf die Branche und machen neue Angebote. Die Eurobike steht auch 2026 allen offen.“ Weiterhin führt die Messe aus: “Neuartige und zukunftsweisende Mobilitätskonzepte werden auch künftig gemeinsam mit sportlichen Fahrrädern, Freizeitfahrzeugen und den Mobilitäts-Allstars der Gegenwart wie E-Bikes, Cargobikes und vielen anderen unter dem Dach der Eurobike gezeigt werden. 2026 wird keine Mobifuture-Veranstaltung co-located zur Eurobike stattfinden.”
Im Nachgang zu dieser Entscheidung hat die Eurobike außerdem einen Beirat gegründet, der den Dialog mit der Fahrradbranche vertiefen soll. Den Vorsitz übernimmt Stephan Kurzawski, Mitglied der Geschäftsleitung von Fairnamic-Gesellschafter Messe Frankfurt. An der weiteren Besetzung des Beirats wird derzeit hinter den Kulissen gearbeitet. Die Eurobike will ausdrücklich Verbände, Institutionen und Initiativen rund ums Fahrrad, E-Bike und Ecomobility zur Mitarbeit gewinnen. Der Messebeirat soll die konzeptionelle Weiterentwicklung der Eurobike begleiten und das Messeteam in strategischen und programmatischen Fragen beraten. Aus den Reihen der Fahrradbranche und insbesondere der beiden Verbände, die die Zusammenarbeit mit der Eurobike gekündigt haben, waren in der Vergangenheit immer wieder Stimmen laut geworden, die mangelnde Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten an Konzept und Ausrichtung der Messe kritisiert hatten.