Aufgezogen wurde das erste große Gravelbike-Rennen in Südafrika Ende Oktober wie das legendäre Cape Epic für Mountainbiker: 7 Tagesetappen, Zeltcamp, Medienrummel. Allerdings starten die Racer hier als Einzelfahrer und nicht in Zweier-Teams. Der Fokus liegt nicht auf Trails, sondern auf 800 Kilometern Gravel- und Sandpisten. Dafür verläuft die Strecke nicht in Kringeln durch Privatgelände, sondern – wie es sich für ein echtes Etappenrennen gehört – von A nach B durch echte Wildnis. Spannend auch: Alle schlafen im Zelt, die Trikots müssen selbst gewaschen, die Trinkflaschen selbst befüllt werden. Luxus und Team-Unterstützung gibt’s beim Gravel Burn nicht. Auch nicht für einen doppelten Olympia-Sieger wie Tom Pidcock.
Kopf dieses neuen Rennformats für Gravelbiker ist Kevin Vermaak. Der Südafrikaner war einst an der Gründung des Cape Epic beteiligt, bis das MTB-Rennen schließlich vom Triathlon-Veranstalter Ironman übernommen wurde. So stehen beim Gravel Burn in der Startliste der Hobbyfahrer auch ein paar Rennveteranen aus früheren Zeiten: Thomas Frischknecht (55 Jahre) etwa und seine Frau Sibylle. Aber natürlich auch Karl Platt (49 Jahre), der die Cape Epic in den ersten Jahren dominierte.
Neugierig machte vor allem die neue Strecke: Von Knysna, einer kleinen Stadt am Indischen Ozean und an der berühmten “Garden-Route” gelegen, ging’s ins Landesinnere hinauf. Lange Wellblech-Sandpisten zogen sich bis auf fast 2000 Meter Höhe und drehten dann im großen Bogen durch die landschaftlich spektakuläre Karoo-Halbwüste. Am Ende wartete der finale Zielbogen im privaten Wildreservat Shamwari. Also mitten im Big-5-Wildlife.
Nur das Wetter wollte bei der Premiere nicht mitspielen: Schon am Starttag schüttete es wie aus Eimern. Nachts im Zelt: Minusgrade. Immer wieder zerrten Sturmböen an den Zeltplanen der Fahrer und die sechste Etappe musste sogar neutralisiert durchgezogen werden, weil Regenmassen, Sturmböen und Hagel die Sandpisten in knietiefe Schlammrutschen verwandelt hatten. Am Tag der langen, technischen Abfahrten erschien das den Veranstaltern zu gefährlich. Als der Himmel aber endlich aufriss, flimmerten sofort 35 Grad über den Pisten und der Wind blies konstant Staub ins Gesicht. Dem Schweizer MTB-Profi Andri Frischknecht zogen diese Wetterkapriolen am sechsten Tag schließlich den Stecker: Er stürzte auf einer der langen Abfahrten schwer, zog sich dabei eine Schlüsselbeinfraktur samt Lungenkollaps zu und musste im Krankenhaus operiert werden.
Harte Bedingungen also beim ersten Gravel Burn. Nicht nur für die Hobbyfahrer, sondern auch für die 32 Profifahrer und 5 Profifahrerinnen im Feld, die aus allen Kategorien angereist waren. Es standen also Roadbike-, Cross Country- und Marathon-Größen erstmalig gemeinsam am Start eines großen Etappenrennens. Die spannende Frage: Wer kommt mit dem neuen Sportgerät, den Bedingungen und dem neuen, mehrtägigen Rennformat am besten zurecht? Sind es die Rennrad-Profis, die den Lenker, die Sitzposition und null Federweg gewöhnt sind oder doch eher die Etappenrennen-erfahrenen Offroad-Strategen, die das filigranere Arbeitsgerät aber vielleicht zu aggressiv durchs Gelände jagen?
Die können 3 bis 5 Minuten so richtig fett ins Laktat gehen. Das schaffst du als Mountainbiker nicht. - Karl Platt, Marathon- und Etappenrennen-Spezialist
BIKE: Hey, Karl! Wir gratulieren zum 2. Platz! Deinen Insta-Posts konnte man entnehmen: Das Gravel Burn war ein ganz schön hartes Brett, oder?
Karl: Das kann man wohl sagen. Vor allem das Wetter hat es noch mal härter gemacht. Schon am ersten Tag stand der legendäre Prince-Alfred-Pass an. Den bin ich schon mal beim Cape Epic gefahren und hatte ihn in guter Erinnerung. Diesmal aber hat es morgens schon geschüttet und die gesamte Etappe war eine einzige Schlammschlacht. Ich glaub, ich war nach einem Renntag noch nie so dreckig. Mein Trikot habe ich unter der Felddusche noch halbwegs ausgewaschen gekriegt, meine Radhose habe ich gar nicht erst versucht. Die hab ich gleich weggeschmissen.
Stimmt, diesmal gab es ja keine Betreuer-Teams, ihr musstet euch in den Zeltcamps komplett selbst versorgen.
Ja, wobei es vom Orga-Team natürlich einen gewissen Luxus gab: Die Zeltstadt war im Ziel immer schon aufgebaut, deine Tasche stand bereits in deinem Einzelzelt und du konntest dein Bike zum Waschen und Service machen abgeben. Einmal brauchte ich neue Bremsbeläge und die waren am nächsten Morgen am blitzsauberen Bike montiert. Auch die Verpflegung in den großen Küchenzelten war top. Nur die Nächte im Zelt, die waren wirklich brutal kalt.
Du bist ja ein Cape-Epic-Spezialist der ersten Stunde - gibt es etwas, was dir beim Gravel Burn sogar noch besser gefallen hat?
Die Landschaft in der Karoo-Wüste war natürlich umwerfend. Wir haben Giraffen gesehen, Zebras und Affen... Auch die lockere Atmosphäre unter den Teilnehmern war toll. Es waren ja deutlich weniger Teilnehmer. Da saß man abends gemeinsam am großen Feuer und hat natürlich auch ganz neue Leute aus dem Straßenrennsport kennengelernt. Das war so ein richtig cooles Meet-and-Greet.
Und, hast du auch mit Doppel-Olympiasieger Tom Pidcock plaudern können?
Klar! Wir haben ja ein gemeinsames Thema: schnelle Autos und so. Aber er war ohnehin nicht im Rennmodus unterwegs. Eigentlich hat er mit seiner Verlobten Urlaub in Südafrika gemacht und das Rennen nur so als Trainingseinheit mitgenommen. Am Ende gab er sich mit Platz 26 zufrieden.
Hat er seine Trikots auch selbst mit der Hand ausgewaschen und im Zelt geschlafen?
Natürlich, und er fand’s richtig geil, hat er gesagt. Vor allem das Camp-Leben mit Zelt und Lagerfeuer.
Hat dich gestört, dass man beim Gravel Burn nur als Einzelfahrer und nicht im Zweier-Team starten kann?
Nein. Zweier-Teams würden beim Gravel-Rennen auch nicht funktionieren. Da bist du ohnehin ständig in 50er- oder 60er-Pulks unterwegs und am Windschatten fahren. Wie willst du da noch auf einen Team-Partner achten? Beim Cape Epic ist das anders. Das würde mir als Einzelstarter keinen Spaß machen.
Wer, denkst du, hat bei einem Gravel-Rennen nun die größeren Vorteile: die Roadbike-Fraktion oder die offroad-erfahrenen Mountainbiker?
Also ich sitze beim Training viel auf dem Rennrad und bin daher Position und Lenker gewöhnt. Aber ich habe mir durchaus 50er-Reifen aufgezogen und bin die mit 1,4 bar gefahren - einfach für mehr Komfort. Das nächste Mal würde ich sogar eine Federgabel in Erwägung ziehen. Gewicht sparen macht auf der Gravel-Burn-Strecke keinen Sinn. Die Erfahrung hat so mancher Straßenfahrer machen müssen. Aus der Fraktion gab es auch die meisten Beschwerden, dass die Strecke zu anspruchsvoll gewesen sei.
Also waren es die Mountainbiker, die hier Vorteile hatten?
Bei bestimmten Abfahrten vielleicht schon. Aber 120 Kilometer staubige Wellblechpiste machst du natürlich auch als Mountainbiker nicht mit Fahrtechnik wett. Es gab auch steile Anstiege, die mit der Gravel-Übersetzung kaum tretbar sind. Hier taten sich die Mountainbiker auch etwas leichter, würde ich sagen. Aber was die Straßenfahrer auf jeden Fall mitbringen, ist ihre Peak Power. Die können drei bis fünf Minuten so richtig fett ins Laktat gehen und danach weiterkurbeln, als sei nichts gewesen. Das schaffst du als Mountainbiker nicht. Wir sind mehr das konstante Kurbeln gewöhnt.
Wenn du dich nächstes Jahr für ein Rennen entscheiden müsstest: Cape Epic oder Gravel Burn?
Definitiv Cape Epic! Das ist einfach mein Rennen.
Ab dem 3. Februar ist die Anmeldung für das nächste Gravel Burn in Südafrika geöffnet.
Termin: 25.-31. Oktober 2026, Info: gravel-burn.com
Von Saalfelden Leogang über den Hochkönig und durch die Flachau bis nach St. Michael im Lungau - die Strecke des ersten alpinen Gravel-Etappenrennens führt 6 Tage lang durch die landschaftlichen Highlights des Salzburger Landes.
Renntempo ist dabei nur auf ausgewählten Abschnitten nötig. So bleibt zwischen den Stages noch genug Zeit für Landschaft, Einkehr und Austausch mit der Gravel-Community.
Termin: 11. bis 16. Mai 2026
Die Strecken-Details werden am Dienstag, den 11. November bekanntgegeben: