Rad am RingDas große Abenteuer!

Tim Farin

 · 28.07.2023

Startvorbereitungen im Camp von bike-components
Foto: www.bike-components.de
Das 24-Stunden-Rennen Rad am Ring am Nürburgring ist eine der härtesten Herausforderungen, der sich Hobbyradsportler stellen können. Besonders für die, die es als Solisten angehen. TOUR hat Leila Künzel begleitet, Gewinnerin des Premium-Pakets von bike-components.

“Du willst mich bestimmt fragen, wie es mir geht”, sagt Leila Künzel am Sonntagmorgen um 8.55 Uhr, wenige Stunden, bevor ihr großes Abenteuer bei Rad am Ring endet. Die Leipzigerin hat gerade einen Becher mit warmer Brühe geleert, ihr Freund Sven nimmt das Gefäß entgegen und macht einen Strich auf eine Liste, die er auf die Frontscheibe eines Campers drückt. Hier verzeichnet er seit gestern Mittag, was Leila Künzel so gegessen und getrunken hat. Der Topf mit den gekochten Kartoffeln im Wohnmobil ist schon fast geplündert. Leila Künzel steht im Wind, der über die Grand-Prix-Strecke auf dem Nürburgring fegt, und beantwortet die Frage gleich selbst: “Mir geht’s gut. Mein Rücken tut weh. Aber ich habe im Moment einen Podiumsplatz und meine Begleiter pushen mich, dass ich den verteidigen soll”, sagt sie.

Auch nach 20 Stunden im Rennen bei der Jubiläumsausgabe, der 20. Edition von Rad am Ring, zieht Leila Künzel weiter unbeirrt ihr Ding durch. Angefeuert von einem Freund mit roter Perücke steuert sie mit lockerem Antritt direkt in den Windschatten dreier Radler auf der gegenüberliegenden Seite des Asphaltbands. Schon ist sie aus dem Blickfeld enteilt und steuert auf ihre 16. Runde zu. Am Ende wird Künzel, die bei einem Gewinnspiel in TOUR als Teilnehmerin ausgesucht wurde und Ende März offiziell in das Projekt gestartet war, 17 Runden bei der unfallbedingt um gut zwei Stunden verkürzten Ausgabe erreichen. 17 Runden – das bedeutet den zweiten Platz in ihrer Altersklasse (Masters 2) und den sechsten Platz unter allen Frauen.

Mitten im Getümmel der “Grünen Hölle” von Rad am Ring

Am Morgen war Künzel nach der akribischen Vorbereitung der vergangenen Monate dann doch “aufgeregt”, wie sie am Mechanikerstand ihres Ausstatters bike-components zugab. Die Form hatte sie zuletzt noch im Erzgebirge getestet und veredelt, beim Triathlon in Roth war sie in der Staffel 180 Kilometer souverän gefahren. Einstellungen am Sattel und an den Einlagen hatte sie in der Wettkampfwoche finalisiert. Doch dann stand sie eben plötzlich mitten im Getümmel der “Grünen Hölle” und war schon auch angefasst: Sich nicht von der Euphorie der Startphase mitnehmen lassen, ihr Ding durchziehen, daran erinnerte sie sich auf der eng besetzten Start-Zielgeraden selbst, bevor es um 12.56 Uhr am Samstag auf die Strecke von Rad am Ring ging.

Ein wenig Dösen im Camper tut gut

Das ist Leila Künzel gut gelungen. Als es ihr nachts um halb vier kalt wurde und sie sich auch ein wenig müde fühlte, stieg sie in den Camper, der direkt am Streckenrand stand. Gemeinsam mit ihrem Freund Sven döste sie ein wenig. “Das hat gutgetan”, berichtet Künzel dann bei ihrem Boxenstopp um kurz vor neun. Der Kopf sei nicht müde, sagt sie, wobei ihre Sprache schon ein wenig undeutlich klingt. Die Spuren des Rennens sind ihren Augen, ihrem Gesicht anzusehen, aber sie zieht durch. Angetrieben von Katja, ihrer Freundin, die sie überhaupt erst auf das Gewinnspiel bei TOUR aufmerksam gemacht hatte. Als Leila Künzel auf ihre vorletzte Runde bei Rad am Ring geht, warnt der Veranstalter per Lautsprecherdurchsage vor aufkommenden Windböen und Katja sagt es, wie es ist. “Anstrengend ist es sowieso. Jetzt kann sie auch durchziehen und ihren Podiumsplatz behaupten.” Erschöpft werde sie hinterher sowieso sein. “Ob sie jetzt noch eine Stunde weiterfährt oder nicht, das macht es doch auch nicht mehr schlimmer.” Die Motivation stimmt. Am Ende steht Leila Künzel, die Gewinnerin aus TOUR, auch auf der Siegerehrung einer der härtesten Proben im deutschen Hobbyradsport.

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