Jens Klötzer
· 02.12.2022
Schleifende und quietschende Scheibenbremsen am Rennrad nerven. Wir geben Tipps, mit welchen Maßnahmen Ruhe einkehrt und man schleifende Bremsen richtig einstellt.
Schrauben kontrollieren
Zuerst: Kontrollieren Sie alle Verschraubungen von Bremssattel und -scheibe. Lose Teile können in Schwingungen geraten, die sich auf andere Bereiche übertragen.
Bremsbeläge und Scheibe reinigen
Häufigste Ursache für Scheibenquietschen sind verschmutzte Beläge bzw. Wasser auf der Bremsscheibe; meist lässt dabei auch die Bremskraft nach. Ist Wasser die Ursache, verschwindet das Geräusch in der Regel nach starken Bremsungen, und die Bremskraft normalisiert sich wieder. Verölte oder mit anderen Chemikalien verunreinigte Beläge sind aber meist nicht mehr zu retten – dann müssen Sie neue Beläge montieren und unbedingt die Scheibe mit Bremsenreiniger säubern.
Montage der Scheibenbremse überprüfen
Sitzt der Bremssattel leicht verkantet an Gabel bzw. Rahmen, treffen die Beläge nicht plan auf die Scheibe und können dadurch quietschen. Ursache können Lackreste an den Montagepunkten sein. Sie können den Lack vorsichtig abschaben oder einen Händler bitten, die Schraubenaufnahmen mit einem speziellen Werkzeug plan zu fräsen.
Quietscht die Disc ausschließlich bei geringen Geschwindigkeiten, ist häufig der sogenannte Slip-Stick-Effekt die Ursache: Die Beläge haften kurzzeitig an der Scheibe und lösen sich wieder, was die Schwingungen verursacht. Oft verschwindet das Quietschen nach einer Einbremsphase – wenn nicht, hilft tatsächlich der Disc Silencer von SwissStop. Er verringert die Bremskraft nur unwesentlich, verhindert Quietschen aber zuverlässig.
Bremssattel nachjustieren
Schleift die Rennrad-Bremse nur nach starken Bremsungen, verziehen sich unter Last die Teile. Justieren Sie den Bremssattel neu und ziehen Sie die Schrauben mit dem vorgegebenen Drehmoment an. Bei Laufrädern mit Schnellspannachsen kann sich auch das Laufrad in den Ausfallenden verschieben: Die Erfahrung zeigt, dass nur stabile Schnellspanner mit hoher Klemmkraft den Belastungen standhalten. Keine Leichtbauteile verwenden!
Bremsscheibe richten
Ice-Tech-Scheiben von Shimano können nach starken Bremsungen leicht schleifen, weil sie sich durch die Hitze etwas verziehen. Das Schleifen sollte aber nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Ist die Scheibe verbogen, muss sie zentriert werden. Zur Not geht das von Hand: einfach gefühlvoll in die gewünschte Richtung drücken. Präziser gelingt es mit einem geschlitzten Zentrierwerkzeug, mit dem man die Scheibe besser fassen kann und einen größeren Hebel hat.
Bremskolben reinigen
Stellt sich einer der Kolben im Sattel der Scheibenbremse nicht komplett zurück, schleift er dauerhaft an der Scheibe. Dann hilft es, die Kolben zu reinigen und zu mobilisieren.
Das Werkzeug von Hayes erleichtert die Einstellung des Bremssattels: auf der Scheibe positionieren, in den Sattel samt Belägen schieben und anziehen – die dünnen Edelstahlplättchen sichern Abstand und parallele Ausrichtung der Beläge. Preis 20 Euro.
Wer mehrere Laufradsätze fährt, muss beim Wechsel neben der Schaltung meist auch die Bremsen justieren. Für Scheiben mit Sechs-Loch-Befestigung schaffen Unterlegscheiben Abhilfe; damit lassen sich die Bremsscheiben auf zwei Zehntel Millimeter genau positionieren. Zum Beispiel von Syntace – acht Stück für 9,90 Euro.
Vorteil von Scheibenbremsen ist ein gleichbleibender und sauberer Druckpunkt – aber nur, wenn sie richtig funktionieren. Wie Sie Luft im System oder andere Fehler entdecken, beschreiben wir hier:
Bremssattel einstellen
Sitzt der Bremssattel nicht mittig über der Scheibe oder nicht parallel, wird der Druckpunkt schwammig: Beim Bremsen wird zuerst die Scheibe etwas gebogen, bevor die Bremse richtig greift. Stellen Sie die Bremse zuerst exakt ein, eine detaillierte Schrauber-Anleitung findet Sie im Video hier:
Bremskolben überprüfen
Hängt einer der beiden Kolben im Bremssattel, arbeitet die Bremse nur einseitig, der Druckpunkt wird unsauber. Meist ist Dreck die Ursache; säubern Sie den Bremssattel zunächst bei ausgebauten Belägen gründlich von innen mit Reiniger und Wasser. Drücken Sie die Kolben mit dem Bremshebel etwas heraus, beträufeln Sie die Flanken mit etwas Bremsflüssigkeit und drücken Sie sie anschließend vorsichtig mit einem speziellen Abstandshalter oder einem Stück Holz ins Gehäuse zurück. Danach die Bremse neu einstellen.
Luft im System
Bleibt der Druckpunkt weich oder kommt zu spät, ist wohl eine Luftblase im System. Dann muss man das System der Rennrad-Scheibenbremse entlüften. Ein Entlüftungs-Set kostet etwa 15 Euro, die Prozedur ist kein Hexenwerk. Wie’s geht, zeigen wir im Schrauber-Video hier:
Druckpunktverstellung bei Campagnolo-Bremsen
Hydraulische Scheibenbremsen von Campagnolo haben die Besonderheit, dass sich – neben der Griffweite – auch der Leerweg bis zum Druckpunkt in zwei Positionen einstellen lässt. Der Zugang zur Schraube befindet sich auf der Innenseite des Griffkörpers. Drehen Sie in Richtung „S“ für eine kürzeren, in Richtung „L“ für einen längeren Leerweg.
Tipp für mechanische Scheibenbremsen am Rennrad oder Gravelbike
Bei mechanischen Scheibenbremsen, die mit klassischen Bowdenzügen arbeiten, hängen Druckpunkt und Dosierbarkeit stark von Zügen und Zughüllen ab. Spezielle druckstabile Hüllen verbessern den Druckpunkt spürbar. Bewährt haben sich die Zughüllen von Jagwire, Modell KEB-SL.