

TOUR-Spezial: Bern
Region Gstaad: Wege in die Einsamkeit
Was haben Roger Moore, Bernie Ecclestone, Gunter Sachs und Elizabeth Taylor gemeinsam? Alle verbrachten schon Ferien in Gstaad. Manche nennen das kleine Bergdorf, das zur Gemeinde Saanen gehört und nach dem die Ferienregion benannt ist, deshalb auch einen Nobelferienort. Aber anders als im mondänen St. Moritz schätzen viele Promis, dass sie im touristischen Hauptort der Region ihre Ruhe vor Autogrammjägern haben. Ruhe und Beschaulichkeit finden auch Rennradler, die von Gstaad die Region durchstreifen. Schon kurz oberhalb von Saanen verstummt der motorisierte Verkehr, im leichtesten Gang geht es in den Aufstieg zum Mittelbergpass. Am Weg liegen keine Bauernhäuser, sondern nur wenige, leere Ställe. Kein Pferd wiehert, kein Hund bellt, und sogar der Bach säuselt still. Diese unerklärliche Morgenstimmung befremdet die Radler aber nur so lange, bis sie die Weiden am Pass erreichen. Dort oben hören sie Kuhglocken klingen, kurz danach sehen sie auch deren Trägerinnen, die stolzen Simmentaler Kühe, und atmen auf, weil sich Leben regt am Mittelberg. Auf der Abfahrt liegt links von der Straße und unterhalb eines Felsmassivs namens Gastlosen der Weiler Abländschen: ein paar stattliche Häuser, eine Herberge und eine Kirche. Abländschen, Gastlosen, das sind verwirrende Namen wie aus einem geheimnisvollen Register.
Tourencharakter
Lieblich sind die grünen Hügel rings um Gstaad herum, sanft die nahen Pässe Mosses und Pillon. Eine deutlich schärfere Entdeckungstour führt über die vier Übergänge Mittelberg, Jaun, Gestelen und Saanenmöser, meist auf stillen Straßen. Ins Kapitel schöner, aber sehr anstrengender Verrücktheiten gehören die Aufstiege aus dem Rhonetal zum Hongrin-Stausee (Tour 2) und auf den Sanetschpass (Tour 3) samt Finale mit Seltenheitswert: Bergab schwebt man per Seilbahn.
Informationen zur Region Gstaad
Anreise
Bahn: Siehe Region Bern. Weiter über Spiez und Zweisimmen nach Gstaad oder Saanen. Ab Frankfurt/Main in rund sieben Stunden mit mindestens drei Umstiegen.
Auto: Autobahnen (Jahresvignette 38,50 Euro) führen von Basel, Schaffhausen, Konstanz und Bregenz via Bern bis Wimmis, ab dort auf der Hauptstrasse 11 rund 45 Kilometer bis Saanen, wenig mehr bis Gstaad.
Infos & Unterkunft
Gstaad Saanenland Tourismus: Promenade 41, CH-3780 Gstaad, Telefon 0041/(0)33/7488181, www.gstaad.ch
Da der Tourismus-Chef von Gstaad selbst Rennrad fährt, findet man auf der Website auch Infos und Strecken samt GPS-Daten zu Rennradtouren der Region.
Gstaad: Posthotel Rössli, Promenade 10, Telefon 0041/(0)33/7484242, www.posthotelroessli.ch
Doppelzimmer mit Frühstück ab 168 Euro.
Saanen: Jugendherberge Gstaad Saanenland, Spitzhornweg 25, Telefon 0041/(0)33/7441343, www.youthhostel.ch
Die Übernachtung im Mehrbettzimmer kostet samt Frühstück und Bettwäsche umgerechnet ab 36 Euro, das Doppelzimmer ab 115 Euro.
Camping beim Kappeli: Campingstrasse 15, Telefon 0041/(0)33/7446191, www.camping-saanen.ch
Zwei Personen im Zelt für umgerechnet 26 Euro.
Rad-Service
Saanen: Bikesport Reuteler, Underi Märetmattstrasse 2, Telefon 0041/(0)33/7445133, www.bikesport-reuteler.ch
Karten
"Neue Reisekarte Schweiz", 1:200.000, Hallwag-Verlag 2014; 18 Euro
VCS-Velokarten Nr. 15 "Greyerzerland – Montreux –Gstaad", Nr. 16 "Berner Oberland West – Simmental" und Nr. 20 "Bas-Valais – Sion", alle 1:60.000, Kümmerly + Frey, je 26 Euro
Velo-Fest
Bergkönig: Ende August steigt in Gstaad das erste Vintage Velo Festival der Schweiz. Sechs Ausfahrten stehen zur Wahl, von flachen 20 Kilometern bis 103 Kilometer und 2.400 Höhenmeter. Die Teilnahme kostet umgerechnet ab 93 Euro. Infos unter www.bergkoenig-gstaad.ch
Termin: Samstag und Sonntag, 26./27. August 2017
Gruyère Cycling Tour: Dieser Volksspaß auf zwei Rädern führt zwischen Charmey und Saanen über die Pässe Jaun, Mittelberg, Pillon und Mosses in zwei Varianten: 76 Kilometer/1.073 Höhenmeter und 115 km/1.917 Hm.
Die Teilnahme kostet umgerechnet ab 56 Euro. www.gruyere-cycling-tour.ch
Termin: Sonntag, 3. September 2017
Bei beiden Anlässen teilen sich die Radler die Straßen mit dem motorisierten Verkehr.
Tour 1: Kleine Namen, grossartige Pässe
100 Kilometer, 2.750 Höhenmeter, max. 22 Prozent Steigung
Den Jaunpass (1.509 m), der das freiburgische Greyerzerland mit dem Simmental im Berner Oberland verbindet, mag der eine oder andere Rennradler noch kennen, aber Mittelberg (1.633 m) und Gestelenpass (1.851 m)? Nie gehört? Dann wird es Zeit, denn die beiden maximal 16 Prozent steilen Übergänge führen wunderschön auf schmalen Sträßchen über Alpweiden (am Gestelen-Scheitel wenige Hundert Meter auf feinem Schotter) und gewähren großartige Ausblicke auf Berner und Waadtländer Alpen. Der giftigste (kurze) Anstieg (22 %) wartet am Ende der Runde, auf dem Radweg kurz vor Saanenmöser (1.279 m), dem Übergang zwischen Zweisimmen und Saanen.
Tour 2: Besuch im Kanton Waadt
119 Kilometer, 2.500 Höhenmeter, max. 18. Prozent Steigung
Die Runde durch den westlich ans Saanenland angrenzenden, französischsprachigen Kanton Waadt führt zuerst über den sanften Col des Mosses (1.445 m), von dem man 18 Kilometer hinabrauscht ins Rhonetal nach Aigle (413 m), dem Sitz des Weltradsportverbandes. Die nächsten 14 Kilometer überwindet ein schmales, bis zu 18 Prozent steiles, aussichtsreiches (Blick zum Genfersee!) Sträßchen 1.140 Höhenmeter. Es klettert zuerst durch Weinberge, später durch einen 500 Meter langen, dunklen Tunnel, schwingt sich in der Höhe über Alpweiden und 47 nummerierte Brücken entlang des Hongrin-Stausees zurück zur Straße zum Col des Mosses; die 66 Höhenmeter bis zur Passhöhe nimmt man im Flug. Über Les Diablerets geht es auf den Col du Pillon (1.546 m), dessen Westseite mit knapp 400 Höhenmetern noch ein paar Körner frisst, bevor es 17 Kilometer, erst steiler, ab dem schönen Dorf Gsteig flacher hinabgeht nach Gstaad.
Tour 3: Der Unvollendete
140 Kilometer, 3.080 Höhenmeter, max. 15 Prozent Steigung
Die lange, schwere Runde um die vergletscherte Gebirgsgruppe Les Diablerets führt über drei Pässe. Die beiden ersten, Col du Pillon (1.546 m) und Col de la Croix (1.776 m), sind mit 500 und 600 Höhenmetern keine allzu schweren Prüfungen. Es folgt eine lange Sause ins Rhonetal, hinab auf 413 Meter Höhe. Die anschließende 40 Kilometer lange, flache Anfahrt zum Sanetschpass kann in sommerlicher Hitze auslaugen. Der krönende Abschluss ist gespickt mit kurzen, bis zu 15 Prozent steilen Rampen: 1.750 Höhenmeter zum Sanetsch (2.252 m) führen zuerst durch Weinberge, dann durch Bergwälder, schließlich über Alpweiden. Nach kurzer Abfahrt und kleinem Anstieg endet die Passstraße kurz vor der Kantonsgrenze Wallis/Bern. Zurück ins Tal der Saane schwebt eine Seilbahn, die Räder transportiert – aber um 17 Uhr den Betrieb einstellt. Wer später kommt, muss zu Fuß auf einem Bergpfad ins Tal absteigen.
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