Unbekannt
· 10.02.2015
Lange Nächte, kurze Tage – es ist Winter. Doch das ist kein Grund, nicht aufs Rad zu steigen. Wir haben die besten Tipps zusammengestellt, wie man die Nacht zum Tag macht. Das Motto: sehen und gesehen werden.
Radfahren im Dunkeln ist für die meisten ein notwendiges Übel im Winter. Man kann ihm kaum entrinnen, – außer, man steigt nur noch gelegentlich am Wochenende in den Sattel. Doch dass die Dunkelheit für Radfahrer auch ihre Reize hat, habe ich erst mit der Zeit entdeckt. Drei- bis viermal pro Saison zieht es mich mit dem Rennrad in die Nacht hinaus, meist im Rahmen von Brevets, seltener auf eigene Faust. Und von Fahrt zu Fahrt fasziniert mich diese Seite meines Sports immer mehr. Der größte Reiz ist die ungewohnte Stille, die sich zu vorgerückter Stunde einstellt. Wenn alle Tagesgeräusche verstummt sind, dringt das Fehlen des permanenten Grundrauschens aus unserem Alltag so sehr in mein Bewusstsein, dass ich die Stille mitunter als laut wahrnehme. Dass nachts weniger optische Reize auf die Rezeptoren einprasseln, verstärkt diesen Effekt noch.
Bei Dunkelheit mit dem Rad unterwegs zu sein, erscheint mir nicht grundsätzlich gefährlicher als am Tag. Gefahren lauern für Radfahrer überall und zu jeder Tageszeit. Mit guter Vorbereitung und Ausrüstung lassen sich die meisten davon auf ein kalkulierbares Maß reduzieren. Ein gut beleuchteter, mit Reflexjacke ausgestatteter Radfahrer auf nächtlicher Landstraße hebt sich sogar deutlicher von seiner Umgebung ab als am Tag. Das gilt umso mehr, wenn mehrere Fahrer als Gruppe unterwegs sind. Außerdem gibt es heute fabelhafte Fahrradlampen, die die Fahrbahn so hell ausleuchten, dass das Risiko, in ein Schlagloch zu rumpeln, kaum höher ist als am Tag. Die gute Ausrüstung ist allerdings dringend nötig, denn als Nachtradler ist man von der Technik extrem abhängig. Bei längeren Nachtfahrten habe ich deshalb lebenswichtige Dinge wie Scheinwerfer und Rücklicht doppelt dabei. Auch eine Stirnlampe für den Pannenfall habe ich immer im Gepäck.
Kein Verkehr am späten Abend
Gelegentlich werde ich gefragt, wie das eigentlich geht, die ganze Nacht im Sattel zu verbringen. Ob man da nicht vor Müdigkeit irgendwann in den Graben fährt. Mir ist das zum Glück noch nie passiert. Mein toter Punkt, an dem das Schlafbedürfnis überhandnimmt, kommt meist erst gegen sieben Uhr morgens, wenn es wieder hell ist. Dann steuere ich die nächste Bäckerei oder Tankstelle an und frühstücke. Mein Kumpel Michi ist glücklicherweise jemand, der einen ähnlichen Vogel hat wie ich. Im letzten Sommer haben wir uns an einem Freitagnachmittag in München mit dem Ziel aufs Rad gesetzt, am nächsten Tag am Gardasee Espresso zu trinken. Denke ich an diese Tour zurück, kommt es mir vor, als erinnere ich mich an jeden einzelnen Meter. Wie wir mit dem letzten Tageslicht den Achenpass erreichen. Die steile Abfahrt nach Jenbach. Die Inntal-Bundesstraße, auf der es sich am späten Abend ohne Verkehr überraschend entspannt radeln lässt. Die alte Brennerstraße, auf der uns zwischen Innsbruck und Sterzing exakt fünf Autos begegneten.
Der Höhepunkt aber war, als wir um fünf Uhr morgens in 2.200 Meter Höhe die Passhöhe am Penserjoch erreichten. Über uns Abermillionen Sterne und um uns eine Stille, wie man sie sonst nur an den entlegensten Orten dieser Erde erlebt. Oder beim Rennrad fahren in der Nacht.