

Test 2016 Gelände-Renner: Giant Anyroad
Alltagsrad: Giant Anyroad im Test
Die Frage drängte sich auf beim Blick auf den Rahmen mit dem langen Steuerrohr, das den Lenker fast auf Sattelniveau liftet. Längere Praxiserfahrungen und vor allem viele positive Leserreaktionen zu dem Rad lenkten jedoch den Blick darauf, dass es oft subjektive Kriterien sind, die darüber entscheiden, ob ein Rad gut oder weniger gut ist.
Wer vom Renn- oder Crossrad kommt, wird sich mit der Sitzposition auf dem Anyroad womöglich schwertun. So war es auch bei den drei Testfahrern, für die es dem Rad schlichtweg an sportlichem Charakter mangelt. Dass echtes Rennrad-Feeling nicht recht aufkommen mag, ist vor allem eine Folge des geringen vertikalen und horizontalen Abstands von Sattel und Lenker, der den Fahrer zu einer aufrechten Sitzposition zwingt. Aus einem anderen Blickwinkel jedoch macht gerade diese Auslegung das Rad interessant. Wer sich mit der gebeugten Rennradposition schwertut, dem kommt die Haltung auf dem Anyroad entgegen. Damit spricht das Rad zum einen ältere Fahrer an, zum anderen Einsteiger, die sich mit der Funktionsweise eines Rennrades erst mal vertraut machen wollen, sowie Gelegenheitsradler, die trotzdem ein Rad mit sportlicher Anmutung suchen.
Da man mit geradem Rücken darauf sitzt, hat man im Straßenverkehr besseren Überblick. Als Alltags- und Pendlerrad würde das Anyroad eine gute Figur machen; Ösen zur Schutzblechmontage sind vorhanden. In diesem Kontext würde sich auch das Gewicht von knapp elf Kilo relativieren. Trekkingräder für diesen Zweck sind oft viel schwerer.
Ein weiteres Argument für das Rad ist der günstige Preis von 1.200 Euro. Dafür bietet das Anyroad einen außergewöhnlich gut verarbeiteten Alu-Rahmen mit einer fabelhaft federnden Carbonsattelstütze und funktional einwandfreier Ausstattung. Antrieb und Schaltung entstammen Shimanos Tiagra-Gruppe, die gerade von Grund auf renoviert wurde. Bislang galt die Tiagra als wenig beachtete Einsteigergruppe unterhalb der 105. Dies könnte sich mit der optisch deutlich aufgewerteten aktuellen Version ändern. Größter spürbarer Unterschied zu teureren Shimano-Gruppen ist das fehlende elfte Ritzel. Doch auch mit "nur" 20 Gängen bietet das Rad ein breites, ausreichend fein abgestuftes Gänge-Menü. Nicht nur für Einsteiger interessant sind die Zusatzbremshebel am angenehm geformten Oberlenker, die von mehreren Griffpositionen aus erreichbar sind und solide mechanische Scheibenbremsen bedienen.
32 Millimeter breite, leicht profilierte Reifen legen nahe, dass gröberes Gelände nicht das Terrain des Anyroad ist. Dort würde die angepeilte Zielgruppe vermutlich aber auch nicht fahren wollen. Mühelos gelingt dagegen der Wechsel zwischen Asphalt und gut präparierten Wald- und Feldwegen. Mit dieser Auslegung liefert das Anyroad – nomen est omen – einen interessanten, eigenständigen Beitrag zum Thema "ein Rad für alle Fälle". Ob man mit der Auslegung und Sitzposition klarkommt, sollte man aber unbedingt bei einer Probefahrt klären.
PLUS sehr entspannte Sitzposition, Bremsen aus allen Griffpositionen gut erreichbar, top verarbeitet, günstig
MINUS schwer, gewöhnungsbedürftige Optik
Info www.giant-bicycles.com
Rahmenmaterial/-größen Alu / XS, S, M, ML, L, XL
Preis/Gewicht 1.200 Euro (Komplettrad mit Tiagra-Gruppe von Shimano) / 10,7 Kilo
DAS SAGEN DIE TESTFAHRER
Jens Klötzer » Ein gutes Fitness-Rad für Fahrer, die sich bewegen wollen, ohne es gleich ‚Training‘ zu nennen. Für echte Geländeeinsätze zu schwerfällig. «
Christoph Allwang » Das Rad wirkt extrem robust. Echter Fahrspaß kam bei mir aber nicht auf. «
Thomas Musch » Die Geometrie scheint mir nicht schlüssig. «
Alternativen Specialized AWOL (mit Stahlrahmen)

Viel Rad fürs Geld: Die Zusatzbremshebel funktionieren am Giant überraschend gut.

Typisch Giant: Ein so hohes Verarbeitungsniveau findet man in dieser Preisklasse sonst selten.

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