Kristian Bauer
· 15.08.2022
Die European Championships vom 11. bis 21. August bieten neun Sportarten eine gemeinsame Bühne, deren kontinentale Meisterschaften sonst eher wenig Beachtung finden, darunter auch der Bahn- und Straßenradsport. TOUR stellt die schönsten Strecken-Spots vor und blickt auf die Startlisten der Rennen.
München wird im August die größte Multi-Sportveranstaltung seit den Olympischen Spielen 1972 erleben: Zu den European Championships werden rund 4700 Sportler anreisen, um in neun Sportarten um Medaillen zu kämpfen. Die Europameisterschaften verschiedener Sportarten zusammenzufassen, das war die Idee schon bei den European Championships 2018. Die Premiere, damals auf das schottische Glasgow und die deutsche Hauptstadt Berlin aufgeteilt, war ein großer Erfolg.
Gewöhnlich erfahren Europameisterschaften von Sportarten wie Rudern oder Turnen und auch im Straßen- und Bahnradsport nur wenig Beachtung. Die Konzentration der damals sieben Sportarten zog aber das Interesse von Fans und Medien auf sich - und im Windschatten der Multisport-EM rollte auch der Radsport gut mit. Diesen Effekt erhoffen sich in diesem Jahr erneut neun Sportverbände, darunter auch wieder die Bahn- und Straßenradsportler.
Zwischen dem 11. und 21. August fallen 177 Entscheidungen. Im Radsport werden 30 EM-Titel vergeben: 22 im Bahnradsport, je zwei beim Mountainbike-Cross-Country und BMX-Freestyle sowie vier im Straßenradsport (Straßenrennen und Zeitfahren).
Schnelle Radfahrer gibt es zudem beim Triathlon im Olympiapark bei den European Championships zu sehen: Männer und Frauen starten dort über die olympische Distanz (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Rad, 10 Kilometer Laufen), und zum Abschluss steht die Mixed-Staffel auf dem Programm.
Beim Bahnradsport ergeben 22 Wettbewerbe einen dicht gedrängten Zeitplan. Bei der Bahnrad-EM 2021 landete Deutschland im Medaillenspiegel auf dem zweiten Platz hinter den Niederlanden. Ihre Erfolge im vergangenen Jahr bei Olympischen Spielen, WM und EM rückten vor allem die deutschen Bahnradsportlerinnen ins Rampenlicht: Das lockt vielleicht neue Zuschauer zu den European Championships an die Radrennbahn nach München-Riem.
Zuschauer entlang der Strecke der Straßenrennen sind ebenfalls nicht selbstverständlich, der Straßenradsport ist selten zu Gast in München: Nur noch wenige Fans werden sich an den Etappenstart der Bayern-Rundfahrt in München 2004 oder den der Österreich-Rundfahrt 1987 erinnern. Während die EM-Titel im Straßenradsport jährlich vergeben werden, finden die European Championships nur alle vier Jahre statt. Für Straßenradsportler ist der Titel in diesem Jahr daher besonders begehrt - strahlt doch das Scheinwerferlicht in den kommenden Jahren wieder nicht mehr ganz so hell.
Die Straßenrennen verlaufen durch oberbayerische Ausflugsregionen und versprechen schöne TV-Bilder. Aus sportlicher Sicht sind sie nicht besonders anspruchsvoll, steile Berge gibt es nicht rund um die bayerische Landeshauptstadt.
Spannend könnten die Straßenrennen trotzdem werden: Die Schlussrunden in der Münchener Innenstadt erfordern Konzentration, Taktiktalent und Sprinterbeine.
Zwischen Tour de France und Vuelta a Espana bieten die European Championships einen Formtest für Europas Radsportelite. Im Vorjahr errangen der Italiener Sonny Colbrelli und die Niederländerin Ellen van Dijk das weiße Trikot mit blauen Streifen und gelben Sternen.
Von Murnau am Staffelsee nach München führt die Strecke des Männerrennens bei den European Championships - dank der Schlussrunden ergeben sich 209 Kilometer und 1380 Höhenmeter. TOUR zeigt die schönsten Punkte entlang des Parcours. Die Höhenprofile, Zeitpläne und Infos zur TV-Übertragung finden Sie hier.
Der Kesselberg ist einer der Top-Anstiege für Münchener Rennradfahrer. Meistens tut er weh - er ist weder lang noch steil, aber wie geschaffen zum Hochjagen. Hier haben sich wohl schon viele zu einem Duell unter Sauerstoffmangel verleiten lassen. Beim Bergzeitfahren 2011 im Rahmen des Kesselbergrennens war das sogar mit gesperrter Strecke und Zeitmessung möglich. Für die Radprofis sind die 260 Höhenmeter aber keine echte Hürde.
Ein See wie aus der Tourismuswerbung, der tolle TV-Bilder verspricht. Werbung hat der See aber gar nicht nötig: An Wochenenden ist der Ausflugsverkehr so stark, dass man als Rennradler den See lieber am autofreien Nordufer umfährt. Am Renntag könnte man das Zuschauen mit einem Bade- oder SUP-Ausflug verbinden.
An diesem Stich haben schon Generationen von Radsportlern nichtsahnende Mitradler in die Falle gelockt. Ohne Vorwarnung wirft sich die Straße hier mit 18 Prozent entgegen - wer da nicht früh genug schaltet, kippt um. Mal sehen, ob die Profis bei den European Championships vorgewarnt sind.
Von Starnberg führt die Olympiastraße kurvenfrei nach München und motiviert Münchener Radsportler und Radsportlerinnen zu Speed-Rekorden und Zeitfahreinheiten.
Von Landsberg am Lech nach München sind es im Straßenrennen der Frauen 130 Kilometer und 890 Höhenmeter.
Für Münchener Rennradler Pflichtstopp auf der Radrunde, wegen des schönen Seeblicks. Selbst die Profifahrerinnen werden hier den Kopf mal kurz nach links drehen.
Dort geht es über einen kleinen Hügel, der bei einer langen Ausfahrt schon in den Beinen brennt. Danach führt die Strecke verwinkelt durch den Ort und dann in eine sehr schnelle Abfahrt - im Profi-Feld ist Konzentration gefragt.
Lange Anstiege gibt es rund um München nicht - auch nicht bei den European Championships. Aber die 100 Höhenmeter am Ortsausgang bieten etwas Kletterspaß mit schönen Serpentinen. Man fühlt sich wie auf einer Alpenstraße - wenn auch nur kurz.
TOUR hat schon unzählige Rennräder getestet, Rennen besucht und Radprofis interviewt, aber das ist eine Premiere bei den European Championships: ein Radrennen, das direkt an der TOUR-Redaktion vorbeiführt.
Das Frauenrennen dreht zweieinhalb, das Männerrennen fünfeinhalb Runden auf dem Innenstadtkurs. Für Zuschauer ideal, um die Rennfahrerinnen und Rennfahrer mehrmals zu sehen.
Ohne die Zelte des Oktoberfests eine große Freifläche, über die erhaben die Bavaria wacht. Tolle Kulisse, aber keine rennentscheidende Passage. Von dort bis zum Ziel am Odensplatz sind’s nur drei U-Bahn-Stationen - ein Ortswechsel ist also denkbar.
“Da geht’s zu wie am Stachus”, ist ein geflügeltes Wort in München, um großen Andrang zu umschreiben - heute trifft das doppelt zu.
Im Sommer drängen sich auf den Radwegen hunderte Radfahrer, während auf den überbreiten Straßen die Autos vorbeiziehen. Schön, dass heute mal die Fahrräder Vorrang haben.
Ein beliebter Ort für Demonstrationen in München - heute demonstrieren die Radprofis vermutlich ihr Sprinttalent bei den European Championships.
Die Surfer an der Eisbachwelle werden sich freuen: Endlich gucken die Zuschauer mal in die andere Richtung, und sie können unbeobachtet vom Brett kippen.
Der Friedensengel ist durch eskalierte Silvesterpartys in Verruf geraten - am Renntag wäre er aber ein guter Ort für eine Radsportparty. Hier kann man die Rennfahrer in beiden Richtungen bei den European Championships mehrmals beim Vorbeifahren beobachten. Die Kurven um das Denkmal sind auch von einem großen Feld schnell zu fahren.
Imposante Kulisse des Klosters Fürstenfeld. Der flache Zeitfahr-Kurs der European Championships ist ein Traum - solange der Wind nicht bremst.
Eine offizielle Startliste für das Straßenrennen der Herren finden Sie hier, zudem die provisorischen Startlisten für das Straßenrennen der Damen und die Zeitfahren der Damen und Herren. Im Straßenrennen der Männer wird das deutsche Team mit einer Doppelspitze um Pascal Ackermann (siehe Titelbild) und Phil Bauhaus auf Medaillenjagd gehen. Die Startlisten im Überblick.