RevolutionsFahrrad-Geschichte aus Frauen-Sicht

Sandra Schuberth

 · 08.03.2022

Revolutions: Fahrrad-Geschichte aus Frauen-Sicht

Laut einer Umfrage von 2021 sind in Deutschland immer noch 73 Prozent der Rennrad-fahrenden Bevölkerung männlich. Und doch veränderten Frauen auf dem Fahrrad die Welt. Wie? Darüber schreibt die Engländerin Hannah Ross in ihrem Buch “Revolutions”, das heute in deutscher Übersetzung im Mairisch-Verlag erscheint.

»Ein männlicher Radfahrer ist einfach ein Typ auf einem Fahrrad. Eine Frau auf einem Rad dagegen symbolisiert immer etwas Politisches, Freches, Sportliches oder Unabhängiges.« Eliane Glaser, The Guardian

Und genau darum geht es: Hannah Ross erzählt in ihrem Buch “Revolutions - wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten” die Geschichte des Fahrrads aus weiblicher Sicht. Eindrucksvoll und mit vielen, auch prominenten Beispielen beschreibt sie, wieso das Fahrradfahren immer schon mit der Selbstbestimmung von Frauen verknüpft war: von der Philosophin Simone de Beauvoir bis zur Profifahrerin Lizzie Deignan.

Revolutions - wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt verändertenFoto: Sandra Schuberth
Revolutions - wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten

Die Geschichte des Fahrrads

Das 320 Seiten starke Sachbuch steigt mit der Geschichte des Fahrrads und dessen Einfluss auf die Menschen ein. Mit Aufkommen des Fahrrads konnten plötzlich Distanzen zurückgelegt werden, die vorher einen Tagesmarsch oder mehr bedeuteten. Der Bewegungsradius wuchs. Soziologen in Großbritannien vermuten sogar, dass das Fahrrad für einen Rückgang genetischer Defekte in Zusammenhang mit Inzucht verantwortlich ist.

An vielen Stellen im Buch spannt die Autorin den Bogen zur heutigen Zeit. War es zu den Anfängen der Fahrradgeschichte „nicht schicklich“, Rad zu fahren, so ist auch heute noch ein Hauptgrund für Frauen, keinen Sport zu treiben und nicht Rad zu fahren, die Tatsache, dass sie allzu oft nach ihrem Äußeren beurteilt werden.

Fahrradfahren und Emanzipation

Frauen mussten unglaublich viele Hürden überwinden, um Rad zu fahren. Ärzte waren der Meinung, Radfahren sei für Frauen ungesund, und zwar von Kopf bis Fuß. Auch die Mode war nicht gerade praktisch, um nicht zu sagen gefährlich, um damit auf ein Fahrrad zu steigen. Hand hoch, wer hat schon mal versucht, mit einem langen Rock, Rad zu fahren?

Hannah Ross schreibt über Gesellschaftsnormen und zeigt anhand von inspirierenden Lebensgeschichten, wie Frauen damit umgingen. Kleidung und vermeintliche Gesundheitsrisiken waren aber nicht alles. Frauen wollten mehr: Selbst Fahrräder reparieren, um im Falle einer Panne gerüstet zu sein, Rennen fahren und und und. Das stieß auf Ablehnung, der sich auch in Beleidigungen und sogar körperlicher Gewalt ausdrückte. Warum? “Eine Rad fahrende Frau war eine Bedrohung für die etablierte Ordnung”, schreibt Ross.

Auch heute gibt es noch große Hindernisse, die es zu überwinden gilt, wie zum Beispiel aus folgendem Auszug deutlich wird:

An einem Sonntagmorgen am Treffpunkt anzukommen und auf eine Schar - meist weißer - Männer in Lycra zu treffen, kann schon entmutigend sein. [...] Da steht noch eine Menge Arbeit an, um inklusiver und auch einladender für Minderheitengruppen zu werden.

Leseempfehlung

Das Buch ist wirklich allen ans Herz gelegt, die gerne Rad fahren. Nicht nur, weil das Fahrrad eine echte ”feministische Freiheitsmaschine” war und ist, wie Hannah Ross schreibt. Sondern weil sie uns lauter inspirierende Geschichten zu lesen gibt von Rad-Pionierinnen, Rennfahrerinnen, Feministinnen und Abenteurerinnen – die dabei helfen, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Die Autorin Hannah Ross

Hannah Ross arbeitet in London für einen unabhängigen Verlag, ist Mitglied in einem Londoner Radclub, liebt Radreisen – und bringt nebenbei ehrenamtlich geflüchteten Frauen das Radfahren bei.

Johanna Jahnke hat in ihrem Podcast Die Wundersame Fahrradwelt mit Hannah Ross gesprochen. Darin sprechen die beiden detailliert über über das Buch, die enthaltenen Geschichten und Persönlichkeiten. Der Podcast (englisch) ist somit eine wunderbare Ergänzung zum Buch.

Hannah Ross, die Autorin von RevolutionsFoto: Michael Tant
Hannah Ross, die Autorin von Revolutions

Auch Zwift hat das Thema aufgegriffen. Bei der Women’s Ride and Run Serie wird die Geschichte von Wegbereiterinnen für Gleichberechtigung von Frauen im Sport beleuchtet. Mit der Serie können sich Frauen in der Zwift-Community verbinden und so gegenseitig unterstützen.