Alisa Rathke
· 19.04.2022
Am 24. April 2022 findet der Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich für die Männer bereits zum 108. Mal statt. Bei den Frauen ist es erst die sechste Ausgabe. Aufgrund seines sehr hügeligen Profils durch die wallonischen Ardennen gilt das älteste noch ausgetragene Eintagesrennen als topographisch anspruchsvollster Frühjahrsklassiker. Hier gibt’s die Vorschau zu Frauen- und Männer-Rennen mit allen Infos zu Favoriten und zur Strecke.
Die 254,7 Kilometer lange Fahrt führt bei den Männern über elf längere Steilstücke, die sogenannten „Côtes“. Côte ist das französische Wort für Anstieg. Der Ardennen-Klassiker fand erstmals im Jahr 1892 statt und trägt daher auch den Ehrentitel „La Doyenne“, was übersetzt „Älteste“ heißt. Seit 2011 gehört er zur wichtigsten Rennserie UCI WorldTour und ist durch seine Austragung im April bekannt für wechselhafte Wetterbedingungen – es ging in der Vergangenheit schon über schneebedeckte Fahrbahnen. Die Strecke mit rund 4.200 Höhenmetern führt von Lüttich durch die Ardennen nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und zurück. Die Route bietet viele Chancen für Attacken, weshalb die Rennfahrer spätestens ab der Côte de Wanne bei Kilometer 170 aufmerksam sein müssen. Die Strecke ist auf dem Rückweg deutlich schwerer, denn zehn der elf ausgewiesenen Anstiege liegen auf der zweiten Hälfte der Strecke.
Startplatz in Lüttich ist diesmal nicht wie die Jahre zuvor die Place Saint-Lambert. Der Grund: das große Bauprojekt Straßenbahn. Los geht es dieses Jahr am Quai des Ardennes. Von dort aus müssen die Männer die Côte de la Roche-en-Ardenne und die Côte de Saint-Roch erklimmen. Nach der Fahrt durch die Gemeinde Vielsalm folgen neun Anstiege auf weniger als 100 Kilometern: Zunächst Côte de Mont-le-Soie, Côte de Wanne, Côte de Stockeu und Côte de Haute-Levée, gefolgt vom Col du Rosier. Der Anstieg Stockeu ist mit rund einem Kilometer zwar der kürzeste, dafür aber auch der steilste mit 12,5 Prozent Steigung. Am längsten ist der Col du Rosier mit 4,4 Kilometern. Die durchschnittliche Steigung beträgt dort 5,9 Prozent. Das Finale bilden Côte de Desnié, Côte de la Redoute (bis zu 22 Prozent steil), Côte de Sprimont sowie die Côte de la Roche-aux-Faucons, an der es über 1,3 Kilometer mit durchschnittlich elf Prozent Steigung bergauf geht. Seit 2019 gibt es statt des Schlussanstiegs im Vorort Ans ein neues, flaches Finale in Lüttichs Zentrum.
Die Streckenübersicht vom Veranstalter ist hier einsehbar.
Lüttich-Bastogne-Lüttich ist das jüngste Frauenrennen bei den sogenannten Ardennen-Klassikern, zu denen auch das Amstel Gold Race (10.4.22) und die Flèche Wallonne (20.4.22) zählen. Die Radsportlerinnen starten ihre 142,1-Kilometer-Strecke am Wendepunkt des Männerrennens in Bastogne. Ab dort fahren sie fast die gleiche Route. Saint-Roch und Stockeu fallen bei den Damen weg, über die restlichen harten Anstiege müssen aber auch sie sich quälen. Die Niederländerin Anna van der Breggen konnte 2017 als bisher einzige alle drei Veranstaltungen in den Ardennen binnen einer Saison gewinnen – die Weltmeisterin und Olympiasiegerin hat ihre Karriere als Rennfahrerin im vergangenen Jahr beendet. Bereits im Vorjahr trat ihre niederländische Landsfrau und Teamkollegin Demi Vollering (Team SD WORX) die Nachfolge als Siegerin an.
Bei den Frauen wartet gleich zu Beginn der Dreizack aus Mont-le Soie, Wanne, Haute-Levée, bevor sich das Peloton über die Côte de Desnié der Côte de la Redoute nähert. Das Ziel liegt nach dem finalen Anstieg Roche-aux-Faucons wie bei den Männern am Quai des Ardennes in Lüttich. Die Herausforderung am letzten Berg verspricht Spannung bis zum Schluss.
Die Übersichtskarte zum Frauenrennen gibt’s hier.
Bei den Männern zählt der Vorjahressieger Tadej Pogacar auch dieses Jahr wieder zu den Favoriten. Die Vorentscheidung fiel im Jahr 2021 gut 14 Kilometer vor dem Ziel. An der Côte de la Roche-aux-Faucons riss die exquisit besetzte Gruppe um Weltmeister Julian Alaphilippe eine große Lücke zum Rest des Feldes. Der Sieger von 2020, Primoz Roglic, musste abreißen lassen, gilt aber 2022 neben Pogacar und Alaphilippe wieder als Top-Favorit. Der letzte deutsche Sieg durch Didi Thurau liegt bereits 43 Jahre zurück. Bei den Männern starten 25 Teams.
Top-Favoritin bei den Frauen ist neben Vorjahressiegerin Demi Vollering auch Landsfrau Annemiek van Vleuten. Die Siegerin von 2019 und Vorjahres-Zweite gilt als kletterstärkste Rennfahrerin im Frauenpeloton. Zum Favoritenkreis zählen auch die Polin Katarzyna Niewiadoma vom deutschen Rennstall Canyon-SRAM und die junge Deutsche Liane Lippert (Team DSM), Dritte des jüngsten Amstel Gold Race. Insgesamt stehen 24 Teams am Start.
Termin: 24. April 2022
Ort: Lüttich (Belgien)
Distanz: 254,7 Kilometer (Männer), 142,1 Kilometer (Frauen)
Auflage: 108. Männer / 6. Frauen
Erstes Rennen: 1892 (Männer), 2017 (Frauen)
Rekordsieger: Eddy Merckx (fünfmal), Anna van der Breggen (zweimal)
Deutsche Sieger: Hermann Buse (1930), Dietrich Thurau (1979)
Männer
Frauen
Schlüsselstellen: die Côte de la Roche-aux-Faucons, der letzte, steile Anstieg vor dem Ziel
Webseite: www.liege-bastogne-liege.be (Männer); www.liege-bastogne-liege-femmes.be (Frauen)
TV: 11:15 – 12:45 Uhr (Frauen), 13:30 – 17:00 Uhr (Männer) bei Eurosport 1
Am Tag vor dem Profirennen können sich Hobbysportler und -sportlerinnen auf verschiedenen Streckenlängen selbst am Frühjahrsklassiker messen: Zur Auswahl stehen 81, 147 oder 255 Kilometer. Die längste Distanz entspricht der Strecke der männlichen Profis; sie trifft in Stavelot auf die Mitteldistanz. Von dort aus nehmen die Radsportler jeweils beide das Triptychon aus Rosier, der Haute-Levée und der Vecquée in Angriff. Die Strecken zeichnen sich durch schöne Landschaften und harte Steigungen aus. Infos: www.sport.be/lblcyclo/en