

Microshift-Schaltgruppe (Einzeltest)
Schon auf der Eurobike 2008 zeigten gleich mehrere taiwanische Anbieter wie SunRace, Token, Dia-Compe, aber auch der renommierte deutsche Fahrradproduzent Storck, vorgeblich eigene Gruppen. Allerdings wiesen die Schaltkomponenten all dieser Anbieter eine verblüffende Ähnlichkeit auf.
Dahinter steckt das Unternehmen AD-II Engineering Inc. aus Taiwan mit der Marke “Microshift”. Die Firma stellt Schaltwerk, Umwerfer und die Hebel der Gruppen her und verkauft sie an diverse Interessenten, die die Teile mit ihren eigenen Namen versehen, manchmal noch etwas verfeinern und zu einer Komplettgruppe zusammenstellen. Das ist durchaus gewollt – zumindest von Microshift: Der Anbieter aus Taiwan will seine Produkte schneller bekannt machen und bedient sich dabei möglichst vieler verschiedener Wege. Ist die Schaltung also schon bald ein ernstzunehmender Konkurrent für die großen Drei? Um das herauszufinden, haben wir die Microshift-Top-Gruppe “Arsis” einmal genauer unter die Lupe genommen.
Diese kommt als Shimano-kompatible Zehnfach-Schaltung mit Bremshebeln und äußerer Schaltwerksplatte aus Carbon. Auf den ersten Blick lassen sich die Hebel kaum von Shimano-Hebeln der gerade auslaufenden Generation unterscheiden: Die charakteristische Form mit dem ausgeprägten Höcker und die seitlich austretenden Schaltzüge rufen unweigerlich den Gedanken an ein Plagiat hervor. Sogar den Zugang zur Befestigungsschraube haben die Taiwaner kopiert. Keine Überraschungen also bei Montage und Einstellung – wer Shimano kann, der kann auch Microshift. Die Schaltlogik hingegen ist eigenständig: Zum Schalten auf größere Ritzel schwenkt man den hinter dem Bremshebel angeordneten Schalthebel nach innen, vergleichbar mit Campagnolo. Bis zu drei Gänge lassen sich so auf einmal schalten. Der Schritt auf kleinere Ritzel wird mit einem darüberliegenden Hebel ausgelöst.
Den Parcours durch unser Prüflabor meistern die Microshift-Komponenten recht ordentlich. Die Einzelgewichte von 379 Gramm für das Hebelpaar und 194 bzw. 99 Gramm für Schaltwerk und Umwerfer lassen immerhin Shimanos Mittelklasse-Ensembles “105” und “Ultegra” hinter sich. Erste Schwächen offenbart das Schaltwerk: Die innere Reibung ist deutlich höher als bei der Konkurrenz. Eine hohe Federspannung lässt das Schaltwerk dennoch exakt arbeiten – was jedoch höhere Bedienkräfte nach sich zieht, wenn die Hebelwege kurz bleiben sollen. Diese sind vergleichbar mit Campagnolo-Schaltungen, der Weg des kleinen Hebels ist vernachlässigbar und ähnelt eher einem Knopfdruck.
Von der Performance in freier Wildbahn waren die TOUR-Tester positiv überrascht. Das neue Bedienkonzept ist einfach und schnell verinnerlicht, mit Antriebskomponenten von Shimano funktionierte die Schaltung gut 500 Testkilometer tadellos und ohne Einschränkungen präzise. Die etwas höheren Bedien kräfte sind spürbar, bieten aber einen Vorteil: Die Schaltung arbeitet sehr definiert, Schaltvorgänge machen sich nicht nur durch ein deutliches Geräusch bemerkbar, sie sind auch in den Fingern spürbar – Verschalten ausgeschlossen. Die Erreichbarkeit der Hebel ist gut, nur der kleine Hebel ist für kurze Finger im Unterlenker etwas weit weg. Die Ergonomie ist vergleichbar mit Shimanos Ultegra, die Bremshebel sind leicht nach außen gestellt. Eine Griffweiteneinstellung gibt es nicht. Der linke Hebel ist mit Zwei- und Dreifach-Kurbeln kompatibel, auch mit einer Kompaktkurbel hatte der Umwerfer keine Probleme.
Wäre noch der Preis: Für die “Arsis”- Schaltbremshebel veranschlagt der deutsche Importeur Messingschlager 200 Euro, für Schaltwerk und Umwerfer 70 bzw. 26 Euro. Das klingt schon mal interessant, wenn auch nicht nach einer Sensation. Noch interessanter dürfte der Einstieg in die Welt der integrierten Rennradschaltungen sein: Das Set Neunfach-Hebel als Alu-Version gibt es bereits für 110 Euro, zugehöriges Schaltwerk/ Umwerfer für 30/18 Euro.
PLUS: gute Funktion, günstiger Preis
MINUS: Verarbeitung nicht ganz auf Shimano-Niveaugel
Bezug/Info:
Messingschlager GmbH & Co. KG, Telefon 09544/944445, www.messingschlager.com
- Das könnte Sie auch interessieren
-
Neue 1x13-Gruppe von CampagnoloJetzt schlägt’s 13: Neue Gravel-Gruppe von Campa
Campagnolos neue Antriebsgruppe Ekar ist die erste Gravel-Gruppe der Italiener. Ihr Alleinstellungsmerkmal: 1x13 mechanisch geschaltete Gänge. Wir sind die Einfach-Schaltung von Campa schon gefahren.
-
Gravelbike von Ridley mit Classified 2x11-SchaltungGravelbike Kanzo Fast mit zukunftsweisender Schaltung
Das Gravelbike Kanzo Fast von Ridley ist mit einer neuen Getriebenabe ausgestattet, die aus elf Ritzeln auf der Hinterradnabe 22 Gänge macht. Die Technik hat das Potenzial, den Schaltungsmarkt nachhaltig zu verändern und das Ende des vorderen Umwerfers einzuläuten
-
Mechanische und elektronische Rennrad SchaltungenHow-to-Videos: Schaltung am Rennrad einstellen
Ob elektronisch oder mechanisch. Ob Shimano, Campagnolo oder Sram: Hier finden Sie eine Videosammlung zur Einstellung verschiedener Schaltsysteme
-
Schraubertipps fürs Rennrad: Kette und Kassette wechselnHow-to-Video: Verschleißteile am Antrieb wechseln
In diesem Video-Tutorial sehen Sie, wie Sie Kette und Kassette am Rennrad mit wenigen Handgriffen und dem richtigen Werkzeug problemlos tauschen
-
Probleme mit der Disc am RennradHydraulische Scheibenbremsen entlüften
So wechseln Sie die Bremsflüssigkeit einer hydraulischen Scheibenbremse. Tipps für eine Wartung der Disc-Bremse am Rennrad, Gravelbike oder Crossrad.
-
Disc-Bremse schleift: so richten Sie die Bremse am Rennrad richtig ausVideo: Scheibenbremse richtig ausrichten
Nichts nervt mehr, als eine schleifende Scheibenbremse. So stellen Sie die Rennrad-Scheibenbremse richtig ein. In unserem Video werden die wichtigsten Schritte erklärt um die Disc am Rennrad optimal zu justieren.